SWR2 Wort zum Sonntag

SWR2 Wort zum Sonntag

Es gibt Trostworte in der Bibel, die sind so groß - dass mich das Gefühl beschleicht: Zu groß für mich, zu groß für meine Erfahrungen und Vorstellungen. So - wenn Jesus z.B. einmal sagt: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost – ich habe die Welt überwunden.“ Das übersteigt erst einmal meine Vorstellungen. Ein Einzelner, sagt von sich, er habe die Welt – und mit ihr alle Ängste überwunden. Und das aus dem Mund eines knapp dreißigjährigen Wanderpredigers... Die Welt überwinden - „den Kosmos überwinden“, steht da in der Bibel – also die Ordnungen und Mächte, die Angst und Trübsal verbreiten, die besiegen? Das ist allerhand.
„In der Welt habt ihr Angst..“ – ohne Zweifel. Ich denke an die Existenzängste der Kurzarbeiter: Behalte ich meine Arbeitsstelle? Kann ich mich und die, für die ich sorge – durchbringen? Ich denke an die Ängste eines Busfahrers, der mir erzählt hat: Er packt die von seinem Chef erwarteten Arbeitszeiten nicht mehr – 280 Lenkstunden im Monat. Er wacht nachts schweißgebadet auf, aus Angst zu versagen. Ich selber kenne Angst von klein auf. Genüge ich – packe ich es – versage ich? Das Leben in dieser Welt mit seinen Strukturen und Zwängen und Strukturen macht mir immer wieder Angst. Wie da nicht verzagen? Wie da sich aufrichten? Wie da in Ruhe durchatmen? Wie da Trost finden?
„In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost – ich habe die Welt überwunden.“ Die Welt, die Angst macht, überwinden – sogar schon überwunden und „besiegt“ haben. Kann das wahr sein? Ein Leben jenseits der Angst? Wie kann Jesu so etwas sagen? Aus welcher Erfahrung spricht er, wenn er sagt: „Ich habe die Welt überwunden.“

Alle Worte Jesu tragen diese Erfahrung in sich: die Auferstehung. Ob es sein Zugehen auf Kranke und Ausgestoßene ist, ob es die wundersame Vermehrung von Brot oder die Verwandlung von Wasser in Wein ist.

Alle Worte, alle Taten Jesus sprechen zu mir von Ostern her – von der Überwindung der Mächte des Todes her. Nur so kann ich auch auf dieses so große Wort hören: Ich habe die Welt überwunden. Wer erfahren hat: Selbst der Tod hat nicht das letzte Wort – selbst diese Ordnung der Welt hat vor Gott keinen Bestand – der kann wohl sagen: „In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost – ich habe die Welt überwunden.“
Heute - am sechsten Sonntag in der Osterzeit – wird in der Evangelischen Kirche dieses Angstvertreiber-Wort mit Jesu Wort vom Bitten verbunden: „Bittet, so wird euch gegeben.“ (Matth 7,7) Das ist nicht das Wort eines Heilsbringers, der alle Wünsche mal eben schnell erledigt. Auch seine Zusage - „Bittet, so wird euch gegeben.“ (Matth 7,7) spricht aus der Ostererfahrung.
Die Angst in der Welt ist zwar eine Realität. Aber sie wird begrenzt – durch den Trost der Auferstehung. Habt Mut! Lasst euch nicht entmutigen!
Es sind nicht nur die Mächte der Welt da, die drücken.
Die Kraft der Auferstehung ist eine Realität Gottes – die mich richtet auf.
Auch Beten und Bitten und stehen im Licht von Ostern! Ja, Beten selber ist ein Akt der Angst entgegenzutreten. Wer betet – wer mit Gottes Kraft rechnet – der ist den Zwängen der Welt schon ein Stück entkommen. Die Angst ist da – aber sie steht im Licht der Überwindung: Bei mir entsteht beim Beten im Innern eine neue Welt –
zuerst in zaghaften Worten – in eigenen auch. Dann aber - und erst recht - mit der Kraft des Gebetes Jesu:
Dein Reich komme,
Dein Wille geschehe – wie im Himmel, so auch auf Erden.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. https://www.kirche-im-swr.de/?m=6026
weiterlesen...