SWR1 Begegnungen

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Ostern- das ist die Zeit zum Lachen. Lachen über Tod und Teufel, lachen wohl über alle Welt.
Und genau das hat er sich zu seinem Beruf gemacht. Der Arzt, Zauberer und Kabarettist und Bestsellerautor Eckart von Hirschhausen.
Gut protestantisch erzogen und mit vielen Pfarrern in der Verwandtschaft kennt er sich natürlich aus in Sachen Christentum und Ostern. Und hier sein erster Rat:

Ich finde, auch den Ostermontag sollten wir uns Zeit nehmen, mal darüber nachzudenken, worum es uns geht? Und wir kommen aus Staub und wir werden zu Staub, deshalb meinen die meisten Menschen, es muss im Leben darum gehen, viel Staub aufzuwirbeln. Und alle Religion der Welt sind sich einig: darum geht’s nicht!

Teil 1- Der Arzt, der (ver)zaubert

Er kommt spät und ein wenig außer Atem, Jeans und Sweat-shirt, den rechten Arm in der Schlinge. Jaja, man sollte nicht Fahrrad fahren und telefonieren gleichzeitig! sagt er und lacht. Der Herr Doktor. Lustig sieht er aus, der berühmte ehemalige Clownsdoktor, auch ohne rote Clownsnase. Sein Humor ist auf solidem religiösem Fundament gewachsen.

Ich bin schwer religiös erzogen worden, protestantisch, meine Vorfahren waren Pfarrer im Baltikum in Estland und mein Vater ist der erste in einer langen Reihe, der kein Pfarrer wurde, meine Schwester ist Religionslehrerin geworden, meine Cousine ist Pfarrerin. Ich selber hab auch mal damit geliebäugelt, Theologie zu studieren, hab dann aber Medizin gemacht,

weil er dachte, als Arzt, das ist doch so ein Halbgott in weiß, da kann man die Leute nicht nur trösten, sondern auch wissenschaftlich über ihren Gesundheitszustand aufklären. Sein fulminanter Erfolg heute als Bühnenkabarettist und Buchautor kam jedoch nicht über Nacht. Sondern ist wie die Ernte nach langer intensiver Arbeit. Denn der deutsche Meister der Zauberei hat schon als Kind gezaubert. Und mit dem Humor war es genauso.

Ich hab als Kind schon angefangen, Witze zu sammeln und glaube auch, dass viele Witze in ihrem Kern auch spirituelle Botschaften enthalten. Es ist kein Zufall, dass alle großen religiösen Traditionen Humor verwenden, um Ideen rüberzubringen, und hauptsächlich die Idee, dass das Leben paradox ist.

Leben ist paradox, also widersprüchlich. Und das heißt ja: wir kriegen das mit unserem Verstand und logischen Denken nie auf die Reihe, was so passiert.

Es gibt nur drei Zustände in unserem Kopf, die Widersprüchlichkeiten auszuhalten. Das eine ist der Traum, wo viele Sachen gleichzeitig wahr sein können, das zweite ist die Psychose, wo die Leute nicht mehr zwischen den verschiedenen Realitäten unterscheiden und das Dritte ist das Lachen. Und da sag ich als Arzt: Lachen ist die beste Medizin, Humor hilft heilen.

Womit wir beim Osterlachen wären. Ein Brauch, der leider ein wenig in Vergessenheit geraten ist. Früher gab es an Ostern das Ritual, im Gottesdienst zu lachen. Warum an Ostern lachen? Na klar, weil lachen bedeutet: man wechselt die Perspektive. Schaut die Dinge mit den Augen eines Anderen an.

Perspektive wechseln kann man gut illustrieren mit „ dass Angeln entspannt, sieht der Wurm auch anders“ d.h. man muss einfach nur mal gucken, wie kann man die gleiche Situation aus einer anderen Sicht erzählen.

Das Leiden Jesu und unser Leiden- an Ostern betrachten wir es aus der Perspektive Gottes. Mit mehr Abstand und vom Ende her. Und von Gott her gesehen ist das Leiden nicht das Ende, sondern Durchgang zu neuem Leben. Und das gibt Gelassenheit für den Alltag.

Ich habe natürlich als Komiker relativ saloppen Umgang mit höheren Weisheiten, zum Beispiel sag ich immer: shit happens, mal bist du die Taube, mal bist du das Denkmal. Warum es das Böse in der Welt geben muss, das weiß Gott oder weiß der Geier und ich hoffe, das sind zwei verschiedene Instanzen.

Teil 2: Glücksbringer
Glück kann man lernen, das ist die Botschaft in seinem neuen Buch. Humor und Mitmenschlichkeit sind nicht angeboren, die muss man trainieren.
Aber ich gestehe ihm gleich. Ich mag keine Glücksratgeber und schon gar nicht verordnete Fröhlichkeit.
Also frage ich Eckhart von Hirschhausen: wie denn seine Anleitung zum Glück aussehen würde bei denen, denen es gar nicht gut geht. Die arbeitslos geworden sind, die in Scheidung leben oder die gar um ihr Kind trauern. Da wird er nachdenklich, redet zuerst mal sachlich als Arzt und Wissenschaftler.

Aus der Erforschung von seelischen Verletzungen gibt es tatsächlich ein paar tröstliche Botschaften. Die erste heißt: die allermeisten Menschen kommen damit langfristig zurecht, werden sogar, auch wenn es einem absurd erscheint, gestärkt daraus herausgehen.

Und dann lädt er ein, für einen Moment eine andere Perspektive einzunehmen. Wie ist das, wenn jemand einen Knacks hat, eine Lebenswunde, mit der er zeitlebens umzugehen hat? So ein Knacks ist eine bleibende Quelle von Trauer und Schmerz. So ein Knacks ist aber auch der Anfang einer wunderbaren Verwandlung.

Wenn man selber einen Knacks hat, hilft einem dieser Knacks auf eine Art und Weise, mit anderen Menschen sanfter umzugehen. Also grade so dieses Gefühl, mir kann so was nicht passieren und jemand, der am Boden ist, der hat es selber verdient, dass ich sozusagen schnell über andere auch richte, das ist nach so einem Trauma nicht mehr möglich und das öffnet einem auf eine Art und Weise für eine tiefere Beziehung zu Anderen.

Und dann geht er noch einen Schritt weiter. Wie der Apostel Paulus wirbt er dafür, die Vorstellung von einem perfekten und unbeschädigten Leben aufzugeben. Nicht nur, weil es eine Illusion ist. Auch weil so ein Bruch die Fülle des Menschseins erst sichtbar macht.

Wir brauchen einen Knacks in unserer Perfektion, wir brauchen einen Bruch, durch den Licht hereinkommt und durch den wir auch sichtbarer werden für Andere. Und ich glaub dass das letzten Endes auch langfristig eine Stärke geben kann, die einem hilft, weiter zu leben.

Ob er selber auch so einen Knacks hat? Frag ich.

Na klar, wenn ich nicht so einen Knacks hätte, würde ich nicht auf die Bühne gehen, sondern in einem Reihenhaus ein glückliches und bescheidenes Dasein führen!

Na wenn das so ist, dann geben Sie uns doch bitte noch einen Ratschlag, Herr Doktor!

Machen Sie heute noch einen roten Kringel um die Menschen in Ihrem Adressbuch, mit denen Sie lachen, weinen und schweigen können. Machen Sie heute noch jemand anders glücklich, denn das ist der sicherste Weg, selber glücklich zu werden.
Lache und die Welt lacht mit dir, schnarche, und du schläfst allein.
Heute ist der Tag fürs Osterlachen!
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5771
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