SWR3 Worte

SWR3 Worte

Brief eines Studenten,

Bitte höre, was ich nicht sage! Lass dich nicht … durch das Gesicht täuschen, das ich mache. Denn ich trage tausend Masken, Masken, die ich fürchte abzulegen.

Ich mache den Eindruck, als sei ich umgänglich, als sei alles sonnig und heiter in mir….als könnte ich über alles bestimmen, so als brauchte ich niemanden.
Aber …bitte, glaube mir nicht! Mein Äußeres mag sicher erscheinen, aber es ist meine Maske….Darunter bin ich wie ich wirklich bin: verwirrt, in Furcht und alleine.
…. Ich verabscheue dieses Versteckspiel, ehrlich. Es ist ein unechtes Spiel. Ich möchte wirklich echt und spontan sein können, einfach ich selbst.

Aber du musst mir helfen. Du musst deine Hand ausstrecken, selbst wenn es gerade das letzte zu sein scheint, was ich mir wünsche….Jedes mal, wenn du freundlich und sanft bist und mir Mut machst, jedes Mal, wenn du zu verstehen suchst…bekommt mein Herz Flügel, sehr kleine Flügel, sehr brüchige Schwingen, aber Flügel. Dein Gespür, dein Mitgefühl und die Kraft deines Verstehens hauchen mir Leben ein. Ich möchte, dass du das weißt.

Dorothee Sölle
Die Hinreise Stuttgart 1976, S.121f
https://www.kirche-im-swr.de/?m=5578
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