SWR1 3vor8

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„Selig die Armen im Geiste, denn ihrer ist das Himmelreich!“
- Ist das Christentum was für Doofe? Auf die Frage könnte man kommen, wenn man diesen Satz aus der Bergpredigt so missversteht wie der Philosoph Arthur Schopenhauer und nach ihm so manch andere. Wenn man den Satz so versteht, dass intellektuell eher schlichtere Gemüter, besonders willkommen sind bei dieser Religion.
Ein klassisches Missverständnis. Klassisch, weil dieser Satz, der heute in den katholischen Kirchen gelesen wird, missverständlich übersetzt wurde.
Denn es geht dabei eben nicht um die Armen im Kopf, dem Intellekt, sondern um die geistlich Armen. Es geht, besser übersetzt, um Menschen, die aus dem Geiste heraus bescheiden, demütig sind. Was aber nicht unterwürfig meint, sondern eine Haltung die sich bewusst ist wie begrenzt der Mensch doch ist. Eine Haltung in der man spürt wie unbeschreiblich groß und gütig Gott sein muss.
Und warum sollte ein solch „armer“ Mensch selig sein? Warum gerade ihm eine rosige Zukunft im Jenseits versprochen werden?
Weil eine solche Armut den Mensch außerordentlich frei und offen macht. Frei und offen für den Glauben macht, für einen Glauben der sich weder an Macht noch an Ideologien bindet. Zu sehen an den Heiligen die sich in der Geschichte des Christentums von weltlichen oder auch kirchlichen Abhängigkeiten gelöst hatten und den christlichen Glauben so intensiv wie spürbar gelebt haben.
Eine solche geistliche Grundhaltung hat gerade auch die materiell Armen immer im Blick. Und verändert damit auch die Verhältnisse. Als eine Art Vorgriff auf die himmlische Freiheit und Gerechtigkeit.
Was aber keine Vertröstung auf den Sankt Nimmerleinstag sein soll, sondern ein Vorgeschmack auf die Welt, in der die Verheißungen der Bergpredigt volle, umfassende Wirklichkeit werden:
Verheißungen wie Trost, Gerechtigkeit, Geborgenheit, Frieden, Güte.
Alte Worte, große Verheißungen, die mit Bedacht gesagt und gehört sein wollen. Weil sie immer, zu allen Zeiten auf Menschen treffen die sich danach sehnen.
Und darum ist der christliche Glaube eine Religion für alle – egal wie viel sie wissen oder können. Eine Religion für Menschen, die sozial sensibel und emotional intelligent sind. Und die sich so in ihren zeitlosen Sehnsüchten begegnen. Menschen, die auf Gerechtigkeit hoffen und Menschen, die Gerechtigkeit schaffen. Menschen, die Güte brauchen und Menschen, die gütig sind. Menschen, die Trost suchen und Trost spenden. Sich Frieden wünschen und Frieden schaffen.

Einen schönen Feiertag wünsch’ ich Ihnen!


https://www.kirche-im-swr.de/?m=4710
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