SWR4 Abendgedanken BW

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Na, wie war’s in Mexiko? Hattest du keine Sprachprobleme? –
Ich nicht, aber die Mexikaner.
Zum Glück scheinen solche Touristen ein Auslaufmodell zu sein. Schon seit ein paar Jahren zählen deutsche Urlauber zu den beliebtesten. Man schätzt ihr gutes Benehmen, ihr Interesse am Gastland und ihre Sprachkenntnisse.
Natürlich kann nicht jeder so vielsprachig sein wie Kaiser Karl V. Er soll von sich gesagt haben: Ich spreche zu Gott Spanisch, zu Frauen Italienisch, zu Männern Französisch und zu meinem Pferd Deutsch.

Ich will Sie jetzt nicht ermuntern, doch im Herbst einen Sprachkurs in der Volkshochschule zu belegen. Nein, ich will mit Ihnen über die Sprache des Glaubens nachdenken. Denn der Satz von Karl V macht ja darauf aufmerksam, dass es auch von unserem Gegenüber abhängt, wie wir reden.
Es ist nahe liegend, dass wir mit Gott in unserer Muttersprache reden, vielleicht sogar in unserem Dialekt, eben so wie uns der Schnabel gewachsen ist, in der Sprache unseres Herzens.
Beim Beten beschreibe ich ja nicht einfach, was ist. Ich rede vielmehr davon, wie ich die Dinge sehe. Was mir Angst macht, was mich freut. Ich bringe mich selbst zur Sprache: woran ich leide, was mir Sorgen macht, wo ich nicht weiter weiß. Und ich sage im Gebet, was ich gerne anders hätte. Ich greife vor in die Zukunft, die ich erhoffe, erbitte, herbeisehne. Und ich greife zurück auf die guten Erfahrungen, die ich in mir trage.

Ich bin überzeugt: unser Leben und unser Erleben werden intensiver, wenn wir mit jemandem darüber reden, wenn wir es mitteilen können. Darin sind sich der Glaube und die Liebe ganz nahe, und so entspricht auch die Sprache des Glaubens am ehesten der Sprache der Liebe. Da nimmt man manchmal ja genauso den Mund zu voll und übertreibt, geht aufs Ganze. Und dann sagt man Sätze wie: Du bist mein Ein und Alles, ohne dich kann ich nicht leben. Ich will immer für dich da sein!
Und manchmal gerät man ins Stammeln – vergisst die Regeln der Grammatik und der vollständigen Sätze – und spürt: Mir fehlen die Worte!
Aber stumm bleiben, das geht auch nicht. Und dann stammeln wir: Toll! Sagenhaft! Ich bin sprachlos!
Ich wünsche Ihnen, dass Sie – ob im Urlaub oder zuhause – immer mal wieder solche Erfahrungen machen, wo sie an die Grenzen der Sprache kommen, wo sie ins Staunen und Stammeln geraten. Und ich wünsche Ihnen erst recht, dass Sie dann jemanden haben, mit dem Sie dies teilen können.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=4341
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