Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Es gibt Leute, die sind immer dann da, wenn etwas schief gegangen ist. Wenn einer gescheitert ist, der sich was getraut hat. Dann sind sie da und müssen zeigen, dass sie es von Anfang an gewusst haben: Dann sagen sie, ein bisschen hinterhältig: „Jetzt zeig mal, was du kannst. Du hast doch immer so fromm getan und so klug. Dann wirst du es jetzt ja wohl schaffen. Dann wirst du doch jetzt nicht einknicken und aufgeben.“ Ob der Mensch zugrunde geht, die Sache verloren ist, das interessiert sie nicht. Sie wollen nur, dass sich zeigt: wir haben Recht gehabt, der war auch nichts Besseres als wir, wer so große Träume hat, der landet irgendwann ganz hart auf dem Boden der Tatsachen.
Auch Jesus ist das so gegangen. Viele hatten ihn bewundert, auf ihn vertraut, gehofft, dass mit ihm die neue, die bessere Welt Gottes wirklich anfangen könnte. Aber als er dann verhaftet wird und schließlich zum Tode verurteilt wie ein gemeiner Verbrecher, da sind sie da, die es schon immer gewusst haben. „Was soll aus Nazareth Gutes kommen?“ so haben sie schon von Anfang an ein bisschen misstrauisch gefragt, sind immer auf Distanz geblieben und am Ende gleich wieder auf der richtigen Seite. Vielleicht sind manche sogar sogar enttäuscht von ihm, vielleicht haben sie wirklich gehofft, er könnte es schaffen. Vielleicht soll das jetzt keiner merken. „Wenn du Gottes Sohn bist, dann hilf dir selbst!“ rufen sie ihm zu, als er am Kreuz hängt. und wollen sich und allen anderen klar machen: Mit dem ist es aus. Wir haben es ja gewusst.
Solche Besserwisserei tut weh. Denn sie zeigt dem, der am Ende ist, dass er auch allein ist. Niemand ist da, der zu ihm hält. Und seine Verzweiflung- auch Jesus ruft ja: “Mein Gott, warum hat du mich verlassen?“ - die Verzweiflung und die Einsamkeit des Leidens werden damit immer noch größer und schwerer.
Anscheinend gibt es keinen, der ihn getröstet hätte. Keinen, der mit ihm gebetet hätte: „Mein Gott, verlass mich nicht!“, keinen, der ihn erinnert hätte: Da, wo es ganz dunkel ist, da ist Gott ganz nah. Er hält dich, er wird nicht nicht verlassen. Keiner, der für den Sterbenden geglaubt und mit ihm ausgehalten hätte.
So herzlos können Menschen sein. Daran erinnert der Karfreitag. Sie und ich, wir können uns überlegen, wie wir es gemacht hätten, damals. Und ob wir es heute genauso machen, wenn Menschen am Ende sind.
Gott allerdings, Gott hat Jesus nicht verlassen. Auch wenn es eine Weile so aussah. Gott lässt keinen allein, der am Ende ist. Auch daran erinnert der Karfreitag. https://www.kirche-im-swr.de/?m=3359
weiterlesen...