Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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Man muss der Trauer Zeit geben. Das sieht man auch am Karsamstag heute. Er ist wichtig. Es wäre nicht gut, wenn nach dem Karfreitag sofort Ostern käme. Es dauert bis Menschen nach einem Tod zu neuem Leben finden. Sogar Gott hat Zeit gebraucht, bis er Jesus aus den Toten auferweckt hat. Man muss der Trauer ihre Zeit geben.
Menschen brauchen Zeit und Mut, um zu trauern, glaube ich. Es wird einem ja von der Umgebung oft nicht leicht gemacht, zu trauern. Wer sichtbar trauert, erinnert auch die anderen daran, dass wir sterblich sind. Und das wollen viele nicht hören und nicht sehen.
Dass man zum Trauern Mut braucht, das wird auch in der Leidens- und Sterbensgeschichte Jesu erzählt, an die Christen in diesen Tagen denken und an die sie erinnern. Da heißt es:
Und siehe, da war ein Mann mit Namen Josef, ein Ratsherr, der war ein guter, frommer Mann..Er war aus Arimathäa, einer Stadt der Juden.. Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu und nahm ihn ab, wickelte ihn in ein Leinentuch und legte ihn in ein Felsengrab. (Lk 23,50 ff)
Josef aus Arimathäa hat den Mut, zu trauern. Traut sich zu Pilatus, dem römischen Gouverneur, und bittet ihn um den Leichnam des toten Jesus. Obwohl der ja als Staatsfeind verurteilt worden war. Josef muss darum fürchten, dass er als Sympathisant auch ins Fadenkreuz gerät.
Aber er will auf keinen Fall, dass Jesus irgendwo anonym bestattet wird. Er will um ihn trauern können. Dem Toten persönlich Gutes tun. Er gibt ihm einen Platz in seinem eigenen Grab. Und was daran vielleicht noch wichtiger ist. Er schenkt dem Toten Achtung und Liebe. Nimmt sich Zeit für den Toten.
Dieser Mann ist ein Vorbild dafür, wie Christen bis heute mit ihren Toten umgehen. Wie man als Trauernder auch mit sich selbst umgeht. Josef hätte ja auch in Gedanken trauern können. Aber anscheinend hat er gewusst, dass es gut tut, wenn man für die eigene Trauer einen Ort hat, an den man gehen kann. Und vor allem, wenn man ihr Zeit einräumt. Man kann sich selbst nicht ins normale Leben zurück zwingen. Wer trauert braucht Geduld mit sich selbst. Genau wie die anderen, die mit einem Trauernden zusammenleben. Egal ob in der Familie oder bei der Arbeit. Man muss der Trauer ihre Zeit geben. Und Gott seine. Damit er aus der Trauer neues Leben wachsen lassen kann. Dass Gott das kann, das hat er gezeigt, an Ostern.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3326
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