Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

In dieser Geschichte kommt jeder vor. Sie und ich, und die neben uns auch. Sie ist 2000 Jahre alt, aber es passiert bis heute, immer wieder ähnlich: Die letzten Tage Jesu bis zum Tod. Ich finde: Jeder und jede ist mittendrin in dieser Geschichte.
Der eine wird direkt schuldig, die andere muss hilflos miterleben, was einem Menschen angetan wird, den sie liebt und die dritten gucken zu und stecken so mittendrin.
Kennen Sie das auch? Man will irgendwie dabei sein, aber lieber nicht ganz vorne. Schon da sein, wo alle sind. Man will ja nichts verpassen. Aber nicht so ganz, die Option Rückzug muss immer offen bleiben. Man weiß ja nie…
Anfeuern, Beifall klatschen, aus der dritten oder vierten Reihe. Mitlaufen. Damit man im Zweifelsfall hinterher sagen kann. „Ich habe es gleich gewusst, das geht nicht gut.“
Verstehen Sie, warum Menschen so sind? Warum Sie und ich so sein können? Genau wie vor 2000 Jahren. Da zieht Jesus auf seinem Esel ein in die Hauptstadt Jerusalem. Ein großer Ruf eilt ihm voraus. Ein Wunderheiler soll er sein und jetzt kommt er selber und dann wird er diese ganze Baggage von Römern und Tempelclique einfach wegpusten, mit Gottes Hilfe. Und dann kommen wir, wir Zuschauer. Wir Mitläufer:
„Eine sehr große Menge breitete ihre Kleider auf den Weg; andere hieben Zweige von den Bäumen und streuten sie auf den Weg. Die Menge aber, die ihm voran ging und nachfolgte, schrie: Hosianna dem Sohn Davids! Gelobt sei, der da kommt in dem Namen des Herrn! Hosianna in der Höhe!(Mt 21,8ff)
Und vier Tage später: Da stehen dieselben Leute wieder in der dritten Reihe. Haben aber die Fronten gewechselt: Und schreien, weil die anderen auch schreien: „Kreuzige ihn, kreuzige Ihn.“ Und wenn sie gefragt würden: Hast Du nicht vor 4 Tagen ganz anders gerufen? Dann sagen sie wahrscheinlich: „Ich habe es gleich geahnt, das wird nichts.“
Enttäuscht wenden sie sich ab, hängen ihr Fähnchen in den neuen Wind. Was hält wohl der betroffene Jesus von solchen? Von Ihnen und mir, wenn wir so unentschlossen sind, aus Angst. So wankelmütig, weil wir enttäuscht worden sind oder schlechte Erfahrungen gemacht haben. So klein, weil wir manchmal einfach feige sind. Was hält Gott von uns? Wendet er sich ab, mit Schaudern?
Die Bibel sagt 'nein': Gott liebt weiter, das ist das Unglaublichste an diesem Drama in der Karwoche. Jesus geht seinen Weg wegen uns und für uns, liebt uns.
https://www.kirche-im-swr.de/?m=3321
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