Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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28SEP2020
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Zeugnisse, Schulnoten, Klassenarbeiten – für viele Kinder ein Albtraum. Jetzt, ein paar Wochen nach Schulbeginn, geht es wieder los damit.

Die Angst, nicht gut genug zu sein, kann einen bis ins Erwachsenenalter begleiten. Ein Soldat hatte sich bei mir zu einem Gespräch angemeldet. Er hat mir erzählt, dass er sich ganz kraftlos fühlt, müde und ohne Antrieb. Das habe wohl damit zu tun, dass er einen guten Job machen möchte und viel von sich fordert. Er erzählt, dass das schon immer so war, auch als Kind. Er hat immer viel gelernt und eigentlich auch immer Einsen mit nach Hause gebracht.

„Eigentlich?“ hake ich nach. „Ja, einmal hatte ich nur eine Zwei. Ich habe den ganzen Schulweg nach Hause geheult …“ – „Und wie hat ihre Mutter da reagiert?“ will ich wissen. – „Sie hat gesagt: Naja, beim nächsten Mal schreibst du wieder eine Eins.“

Dieses System hat den Jungen weit gebracht: Er war auch später sehr erfolgreich und wegen seiner vorbildlichen Leistungen anerkannt. Jetzt aber wird deutlich, wie anstrengend das ist.

Um ihm zu zeigen, dass es auch anders geht, erzähle ich ihm ein Gleichnis, das ich von Jesus kenne. Zwei Männer gehen in den Tempel, um zu beten. Der eine steht ganz vorne. Er erzählt Gott, was er alles tut und leistet. Und er dankt Gott, dass er nicht so ein Versager ist wie der andere. Der steht hinten an der Wand und betet einfach nur: „Gott, sei mir gnädig.“ – Und Jesus hat seinen Zuhören gesagt: „Dieser zweite geht erlöst und befreit nach Hause.

Mir sagt diese Geschichte: Gott freut sich über unsere Leistungen, aber er braucht sie nicht, um uns lieb zu haben. Und wenn etwas schief geht, dann verzeiht er uns. Grade dann, wenn wir selbst uns nicht verzeihen können.

Dem mutlosen Soldaten habe ich gesagt: Eine Zwei – das war ja keine Fehlleistung. Die Aufmunterung, dass es beim nächsten Mal besser klappt, war wichtig. Wichtiger finde ich: Gott hat seine Menschen lieb. Nicht, weil sie etwas leisten, sondern weil sie seine Töchter und Söhne sind.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31735
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