SWR2 Wort zum Tag

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30OKT2020
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In den 1940er Jahren ist er ein großer Erfolg gewesen: der Schlager „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“. Nicht weil die Menschen in besonders romantischer Stimmung waren, wie es der Text des Liedes vermuten lässt, sondern weil Krieg war. Und der Refrain „Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht“ hat schlicht und spielerisch eine tiefe Wahrheit dieser Zeit ausgedrückt: Die Männer waren an der Front, also waren es die Frauen, die sich um alles gekümmert und die Gesellschaft am Laufen gehalten haben. Und zwar ganz ohne Rücksicht auf irgendwelche Rollenvorstellungen. Die Frauen haben einfach alles gemacht, was gemacht werden musste. Und nach dem Krieg sind es wieder die Frauen gewesen, die wesentlich zum Wiederaufbau beigetragen haben. 

Aber interessiert hat das nach dem Krieg niemanden so richtig. Beim Aufbau der Bundesrepublik ist man nicht nur damit beschäftigt gewesen die Verbrechen des Krieges zu vergessen, sondern auch die Leistung der Frauen. Und damit ihre Rechte. Die Männer haben sich ihre angestammten Stellungen zurückgeholt und die Frauen an ihren früheren Platz verwiesen. 

Frauen mussten mit ganzem Einsatz dafür kämpfen, dass sie im Grundgesetz nicht ganz vergessen werden. Und noch heute werden Frauen benachteiligt und können sich nicht so selbstverständlich entfalten wie wir Männer. Denn sie müssen gegen ein Problem kämpfen, das nicht das Ihre ist.

Die Hauptursache für die ungleiche Behandlung der Geschlechter ist kein Frauen- sondern ein Männerproblem. Offenbar hängen wir Männer noch immer stark den Vorstellungen an, die unsere Geschlechtsgenossen vor Jahrtausenden als wahr definiert haben. Man sieht das in der Gesellschaft, man sieht das auch in der Kirche. Jede Veränderung beunruhigt uns. 

In der Kirche redet man hier sogar von einer göttlichen Ordnung. Aber was ist das für eine Ordnung, die nur dann funktioniert, wenn alles in ruhigen Bahnen verläuft? Sobald das System kollabiert, wie im Krieg, dann dürfen die Frauen doch ran. Ich denke, eine göttliche Ordnung wäre schon etwas weitsichtiger. 

Machen wir uns nichts vor. Es ist eine männliche Ordnung. Und die sollten wir mal gründlich überdenken. Wir Männer könnten in der Gesellschaft wie in der Kirche ruhig ein wenig mutiger sein und etwas Platz machen. Auch wenn es den Einen oder Anderen vielleicht beunruhigt: Dort wo das schon stattgefunden hat, ist nichts Schlimmes passiert, im Gegenteil. 

Denn es ist nun einmal so: Nur mit Männern geht die Chose auch nicht mehr lange.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31722
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