Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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24SEP2020
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Ich weiß nicht mehr, was ich glauben soll. Das gab es immer schon mal. Aber so ratlos wie in dieser Corona-Zeit war ich noch nie. Sehr kluge Menschen, die ich ernst nehme und schätze sind fest davon überzeugt, dass hinter dem Corona-Virus ein inszenierter Plan steckt, in dem es um Macht geht. Auch ein Angriff auf die Demokratie. Andere, sehr kluge Menschen, die ich ebenso ernst nehme und schätze, raufen sich die Haare, wenn sie das hören. Ich selbst habe mich informiert auf allen möglichen Kanälen. Mit dem Ergebnis, dass mich das alles noch orientierungsloser gemacht hat. 

Und jetzt? Ich bin in den letzten Monaten dabei zu lernen, die unterschiedlichen Informationen und Überzeugungen stehen zu lassen ohne sicher zu sein, was richtig ist. Leicht finde ich das nicht. Dabei helfen mir verschiedene Dinge. 

Ich bin Christin. Ich glaube daran, dass Gott gegenwärtig ist in der Welt. Darüber zu spekulieren, welche Rolle er in dieser weltweiten Krise spielt, maße ich mir nicht an. Für viele sind Krisen ein Argument, eben nicht an Gott zu glauben. Das kann ich gut verstehen. Ich selbst bin dankbar, daran zu glauben, dass Welt und Menschen getragen und gehalten sind in Gottes Liebe und Kraft. Ich kann damit leben, dass ich nicht alle Zusammenhänge des Universums durchschaue und verstehe.

Außerdem habe ich eine Ärztin, die selbst am Coronavirus erkrankt ist. Sie nimmt das Virus absolut ernst und hat sofort sämtliche Hygienemaßnahmen umgesetzt. Ohne sich und ihre Patienten verrückt zu machen. Ich vertraue ihr und ihre sorglose Vorsicht hat mich angesteckt. Ich halte mich an die Hygienevorschriften. Auch empfinde ich persönlich die Einschränkungen der letzten Monate nicht als Angriff auf die Demokratie. Ich erlebe viele Politiker*innen in Deutschland nicht als machtbesessene Zerstörer der Demokratie. Ich glaube den meisten Verantwortlichen, dass sie sich in erster Linie um die Menschen sorgen.

Nicht zuletzt habe ich mich seit März an die vielen Generationen von Menschen erinnert, die zu allen Zeiten weltweit schwere Krisen ausgehalten und bewältigt haben. Immer hat es mutige Menschen gegeben, die die Kraft gehabt haben, das zu tun, was nötig war. Das erlebe ich auch jetzt. All das hilft mir, mich in der Krise zu orientieren. Leicht ist es nicht. Aber, in der Krise zu leben ist nie leicht.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31712
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