SWR2 Wort zum Tag

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10SEP2020
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Schlankmacher-Gen entdeckt. So lautet die Überschrift eines Zeitungsartikels, der davon berichtet, dass Wissenschaftler ein Gen identifiziert haben, das möglicherweise bestimmt, ob Menschen schlank sind oder nicht.

Ob ich Über- oder Untergewicht habe bestimmt also nicht nur die Art und Weise wie viel ich von was esse, sondern auch meine genetische Veranlagung. Mancher, der an der Krankheit Adipositas leidet, wird vermutlich voller Dankbarkeit auf die neuen Therapiemöglichkeiten blicken, die sich daraus ergeben.

Das Schlankmacher-Gen ist nur eine der neueren Entdeckungen in der Genforschung seit der Entschlüsselung des menschlichen Erbguts vor fast 20 Jahren. Für viele Krankheiten wie z.B. Diabetes, Bluthochdruck, Krebs eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten der Diagnose und Therapie. Die Manipulation von Erbgut mittels einer Genschere ist in der Grundlagenforschung inzwischen ein technisches Standardverfahren.

Damit stellt sich die fundamentale ethische Frage, wann der Mensch damit seine Grenzen überschreitet. Aus christlicher Sicht: wann der Mensch in Gottes Schöpfung eingreift und dessen Rolle einzunehmen versucht. Eine Antwort darauf steht a priori nicht fest. Dennoch ist es eine elementar wichtige Kontrollfrage, die immer wieder gestellt werden muss. Grundsätzlich und von Fall zu Fall.

In diesem Sinne ist der Mensch in einer einzigartigen Verantwortungsposition. Mit all seinem Tun. Und auch mit all seinem Lassen. Denn beides birgt die Dimension der Grenzüberschreitung in sich. Das eine Mal im Unterlassen, das andere Mal im Übertreiben einer gentechnischen Möglichkeit.

In der Bewertung dieser Frage sind für mich folgende Grundaussagen des christlichen Glaubens wichtig: Der Mensch ist Teil der Schöpfung. Und in ihr ist jedes Leben einmalig und unverwechselbar, zu bewahren und zu schützen. Ob schlank oder dick, gesund oder krank, ob mit Handicap oder ohne. Weil jeder Mensch von Gott angenommen ist.

So kann ein gentechnologisches Verfahren ein Segen sein, wenn es einem Menschen hilft, gesund zu bleiben oder es wieder zu werden. Und es kann auch ein Segen sein, wenn Jemand entdeckt, dass er vielleicht nicht perfekt, aber dennoch angenommen ist. Und dann ist es egal, wie dick oder dünn einer ist.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31564
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