Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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27JUL2020
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„Hast du dich jemals gefragt, welche Hautfarbe du hast?“ Fatima schon oft und das nicht nur im Sommer oder auf Urlaubsfotos. Denn Fatima ist eine „person of color“, eine Frau mit dunkler Hautfarbe. Und sie kennt die kritischen Blicke, wenn sie beim Bäcker ist, in einer fremden Stadt nach dem Weg fragt oder bei einer Polizeikontrolle nach ihren Papieren gefragt wird.

Fatima Moumouni ist Ende zwanzig und lebt in der Schweiz. Sie moderiert Sendungen im Fernsehen und schreibt Kolumnen für ein Straßenmagazin. Und sie ist eine gefragte Poetry-Slamerin. In den letzten Jahren ist sie oft bei Veranstaltungen gegen Rassismus aufgetreten. Sie macht darauf aufmerksam, wie schnell und unbemerkt sie im Alltag diskriminiert wird. Und das geht nicht nur ihr so, sondern allen, die scheinbar anders sind.
Einen ihrer Auftritte hab´ ich im Internet gesehen. Ich fand es genial, dass es dabei erst einmal gar nicht um ihre, sondern um meine, die weiße Hautfarbe, ging. Sie sagt, dass die weiße Haut nicht einfach weiß wie Milch oder frischer Schnee sei und auch nicht einfach nur beige wie Kork oder ein Seil. Doch je länger ich zuschaue, kapiere ich: eigentlich stecke ich mit meiner Haut, ganz schön in Erklärungsnot. Und: anscheinend ist es auch heute noch irgendwie „besser“ weiße Haut zu haben. Nicht nur in den USA zum Beispiel, sondern auch bei uns in Deutschland. Etwa bei der Wohnungssuche. Irgendwie scheint in den Köpfen drinzustecken, dass man Menschen mit anderer Hautfarbe skeptisch fragt: „Aus welchem Land kommen Sie denn?“ oder „Wie groß ist Ihre Familie?“. Solche Fragen verletzen, weil sie Klischees bedienen.

Für mich gehört die Hautfarbe zur Person dazu und ist genau so viel oder wenig Thema wie die Länge der Haare, die Körpergröße oder der Charakter. Aber wenn ich Menschen wie Fatima höre, dann wird mir klar: das ist nicht immer so. Und vermutlich gibt es leider auch bei mir manche Situation, in der ich durch eine unbedachte Bemerkung jemanden verletzt habe.

Deshalb sind wir alle aufgefordert, achtsam miteinander umzugehen. Unsere Worte kritisch zu überprüfen, wenn wir miteinander sprechen. Das ist anstrengend. Manchmal wünsche ich mir, dass ich nicht jedes Wort abwägen muss. Aber gerade weil ich weiß bin und weil es für mich als Christin keinen Zweifel daran gibt, dass alle Menschen völlig gleichwertig sind, fühle ich mich besonders aufgefordert, es mir nicht zu einfach zu machen. Ich will, dass wir gerecht und gleichwertig miteinander leben. Das ist sicher herausfordernd. Aber zuallererst ist es menschlich.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31372
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