SWR2 Wort zum Tag

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15JUL2020
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Irgendwann wird ein Mensch seinen eintausendsten Geburtstag feiern können. Aubrey de Grey sagt das, ein britischer Wissenschaftler, der sich mit dem Prozess des Alterns beschäftigt. Sein Ziel ist es, die menschliche Lebensuhr erfolgreich zurückzudrehen.

Meine Erfahrung lehrt mich anderes. Menschliches Leben ist endlich. Schmerzlich muss ich das immer wieder zur Kenntnis nehmen. Im Blick auf Menschen, die mir lieb sind. Auch im Blick auf mein eigenes Leben.

Die Bibel berichtet von Menschen, deren Lebensdauer an die Zielvorgabe des britischen Wissenschaftlers heranreicht. 969 Jahre soll Methusalem alt geworden sein. Adam immerhin noch 930 Jahre. Auch wenn diese Angaben eher symbolischer Natur sind. Dass Menschen viel länger leben, als es ihnen möglich ist, dahinter verbirgt sich eine uralte Sehnsucht. Und es bringt mich schon zum Staunen, wenn ich lese, dass der Mensch, der vermutlich bisher am längsten gelebt hat, eine 1997 verstorbene Französin ist. Sie wurde 122 Jahre alt.

In den Psalmen findet sich ein Satz, der die Dauer menschlichen Lebens näher an unserer Realität beschreibt. „Unser Leben dauert 70 Jahre,“ heißt es da, „und wenn’s hochkommt 80 Jahre. Und was uns daran köstlich scheint, hat viel Mühe und Arbeit gekostet.“ (Psalm 90,10) Die meisten Menschen werden damals diese Lebensdauer nicht erreicht haben. Die 70 oder 80 Jahre beschreiben einen kühnen Wunsch. Oder eine ganz seltene Erfahrung.

Nicht um die Zahl gehts aber am Ende. Sondern darum, was das Leben in dieser Zeitspanne entscheidend ausmacht: Müh‘ und Arbeit. Ersparen lassen sie sich nicht. Aber in einem erträglichen Rahmen sollten sie bleiben. Dazu gehört es sicher, die Lebensverhältnisse zu verbessern. Die Güter dieser Welt gerecht zu verteilen. Dafür zu sorgen, dass Menschen genügend zu essen haben. Und Zugang zu sauberem Wasser. Zu medizinischer Versorgung. Und dass sie in Frieden leben können.

Dazu gehört aber am Ende auch, dass Menschen getröstet sterben können. Und Menschen in ihrer Nähe haben, die ihnen beistehen. Das haben uns die letzten Monate neu in Erinnerung gerufen. Leben und Sterben in Würde. Beides gehört zusammen. Es ist allemal Grund dankbar zu sein, wenn am Ende eines Menschenlebens möglich geworden ist, was in der Bibel über Hiob zu lesen ist. „Er starb alt und lebenssatt.“ (Hiob 42,17)

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