Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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13JUL2020
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Und rums! – Ich knalle auf den Boden. Liege der Länge nach auf dem Bauch im hohen Gras. Es ist mein erster Übungstag beim Gleitschirmfliegen. Insgesamt schaffe ich an dem Tag fünf Bauchlandungen. Anstatt auf den Füßen zu landen, werfe ich mich immer direkt hin und das mit ganzem Körpereinsatz.

Meine Freundin meint: „Erstaunlich! Du fällst ständig hin, aber du packst direkt den Schirm zusammen, läufst den Berg wieder hoch und schon kommt der nächste Versuch!“ Ich bin darüber nach wie vor total erstaunt! Das hätte ich mir gar nicht zugetraut. Weil ich immer so große Angst vor dem Hinfallen hatte. Ich habe aber festgestellt: Bauchlandungen sind gar nicht so schlimm wie von mir befürchtet.

Natürlich kann diese tatsächliche Bauchlandung nicht eins zu eins auf andere Lebensbereiche übertragen werden. Da gibt es Bauchlandungen, die Existenzen zerstören und von denen Menschen sich nicht mehr erholen. Aber oftmals sind sie eben kein Weltuntergang. Ja, es gibt einige blaue Flecken, es tut ein paar Tage weh, aber die Welt dreht sich weiter.

Diese Erfahrung will ich nun konkret im Alltag nutzen. Meine Baustelle heißt da: Ich versuche, meine Meinung deutlicher zu formulieren. Ich ertappe mich nämlich dabei, dass ich manchmal nicht klar sage, was ich eigentlich will. Stattdessen nuschele ich irgendwas vor mich hin oder formuliere so komplizierte Sätze, dass niemand sie verstehen kann. Und das alles nur, um einen „harten Aufprall“ zu vermeiden. Schließlich könnte mein Gegenüber anderer Meinung sein oder meinen Vorschlag ablehnen. Doch daran ändert ja auch mein Herumlavieren nichts. Wenn ich aber klar formuliere, kann ich zusammen mit der anderen Person womöglich viel schneller nach einer guten Variante für beide Seiten suchen.

Beim Gleitschirmfliegen lande ich übrigens inzwischen – in den meisten Fällen – auf den Füßen. Das ist einfacher und angenehmer, aber die Bauchlandungen hatten für mich einen eindeutig höheren „Aha“-Effekt!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31253
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