SWR4 Abendgedanken

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13JUL2020
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„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“. So heißt es im biblischen Schöpfungsbericht. Nicht alleine sein, sondern jemanden an der Seite haben. Das ist wichtig. Denn – das habe ich in den letzten Wochen und Monaten erfahren – der Mensch ist ein Beziehungswesen. Der Mensch braucht ein Gegenüber, jemanden, mit dem er in Kontakt ist, der ihn auch wahrnimmt.

Jedenfalls gilt das für mich. Ich bin gerne mal allein, aber nicht einsam. Ich habe gerne mal meine Ruhe, aber ich möchte entscheiden, wann.

„Es ist nicht gut, dass der Mensch allein ist“ hat Gott deshalb gesagt, als er die Welt geschaffen hat. So erzählt es jedenfalls die Bibel. Meine Erfahrung in den letzten Wochen hat mir gezeigt, wie weise das ist.

Ich brauche jemanden zum Reden und ich höre auch gerne zu, ich nehme gerne jemanden in den Arm und werde selbst gerne mal gedrückt. Bei der Arbeit bin ich gerne in Kontakt mit anderen.

Ich bin als Mensch ein Beziehungswesen. Andere Menschen brauche ich zum Leben. Und zwar nicht immer die gleichen, nicht nur meine Familie, sondern auch meine Freunde, die Geselligkeit im Dorf, die Zusammengehörigkeit im Verein, die Gemeinschaft im Gottesdienst. Dann fühle ich mich richtig als Mensch.

Dies nur im bestimmten Maß und unter Auflagen zu haben, hat mich in meinem Menschsein eingeschränkt. Sogar die haben mir gefehlt, mit denen ich oft gar nicht so gut auskomme. Aber auch die haben mir gefehlt. Die Diskussionen mit ihnen, die Auseinandersetzungen um Kleinigkeiten.

Ja, es ist nicht gut, dass der Mensch alleine ist. Es ist besser, wenn er ein Gegenüber hat und noch besser, wenn er in einer Gemeinschaft leben kann.

In der letzten Zeit ist mir auch klar geworden: Wenn ich möchte, dass ich nicht alleine bin, dann muss ich meinen Teil beitragen zur Gemeinschaft. Nur so, wenn ich Rücksicht nehme und mich an Regeln halte, kann ich gemeinsam mit anderen leben. Mal mit Abstand, mal mit Nähe. Aber Hauptsache nicht allein. Deswegen nehme ich momentan noch manche Einschränkung in Kauf. Ich weiß ja wofür: Damit ich hoffentlich bald wieder uneingeschränkte Gemeinschaft habe. Bis dahin pflege ich meine Beziehungen zu anderen immer mal wieder anders: mal mit Abstand, mal ganz nah.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31242
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