Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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06JUL2020
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Was ist wirklich wichtig? Das kann man ganz unterschiedlich sehen. Neulich hat mir unsere kleine Tochter das mal wieder gezeigt.

Wir waren auf dem Weg aus dem Ort zurück nach Hause. Das sind nur 500 Meter oder so. Und ich wollte zügig heim. Da haben nämlich wichtige Dinge gewartet. Dachte ich jedenfalls.

Meine Tochter hat aber plötzlich ganz andere Dinge wichtig gefunden. Erst den Löwenzahn vor uns mitten im Asphalt. Und dann die Katze da irgendwo im Hinterhof. Bei der Gelegenheit hat meine Tochter dann auch gleich ausprobiert, wie eine Katze so läuft. Und hat sich auf allen Vieren fortbewegt. Da werden 500 Meter ganz schön lang …

Im ersten Moment wollte ich sie packen und zügig weitergehen. Denn andere Dinge waren ja viel wichtiger.

… aber dann habe ich gedacht: Wer bestimmt jetzt eigentlich, was wirklich wichtig ist? Ich, nur weil ich erwachsen bin? Weil ich das Sagen habe? Weil meine Sicht auf die Welt richtig ist? Oder hat meine Tochter da nicht viel mehr erkannt? Sie hat sich eingelassen auf die Welt um sich herum. Konnte über ganz kleine Dinge staunen. Mitten im Moment. Ohne fertige Vorstellung oder einen Plan. Warum soll das nichts wert sein?

Die gewohnten Maßstäbe zählen nicht mehr. Vermeintlich Kleines wird wichtig. Davon hat auch der Apostel Paulus mal geschrieben, in der Bibel: „[W]as für die Welt keine Bedeutung hat […], das hat Gott ausgewählt – also gerade das, was nichts zählt.“ [1. Korinther 1,28a; BasisBibel]

Für mich heißt das: Es lohnt sich, genauer hinzuschauen. Auch mal zu hinterfragen, wie ich so durchs Leben gehe Tag für Tag. Vielleicht habe ich mich ja so an meine Weltsicht gewöhnt, dass mir wichtige Dinge aus dem Blick geraten. Dinge, die erst mal unbedeutend scheinen, aber in Wirklichkeit wichtig sind. Für die es sich lohnt, die Perspektive zu wechseln.

An diesem einen Tag neulich hat mir meine Tochter dabei geholfen. Ich habe meinen Zeitplan umgeschmissen. Habe mit ihr den Löwenzahn bewundert. Der Katze hinterhergeforscht. Und mit der eigenen Tochter-Katze gespielt. So oft mache ich das im Alltag gar nicht, habe ich gemerkt. Dabei ist es so wichtig! Und in manchen Momenten passt es eben besonders gut.

Viel später als geplant sind wir nach Hause gekommen. Und was ich mir vorgenommen hatte, das musste warten. Weil es plötzlich nicht mehr ganz so wichtig war. Und eigentlich war das gar nicht schlimm.

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