SWR3 Gedanken

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29JUN2020
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„Wann wird wieder alles normal sein?“ Fragen derzeit viele. Und sie meinen: Wann wird es wieder so sein wie vor Corona?

Mich beschäftigt die Frage auch. Zum einen frage ich mich: was heißt eigentlich „normal“? Und zum anderen: Kann es denn überhaupt wieder so sein wie vorher? Nach einer solchen Krise, einer solchen Erfahrung? Geht das überhaupt?

Antoine de Saint-Exupery, der französische Schriftsteller und Pilot, der heute vor 120 Jahren geboren wurde- der hat darauf eine Antwort. In seinem wohl bekanntesten Werk vom „Kleinen Prinzen“ sagt der Prinz etwas sehr Kluges dazu. Er meint „Was vergangen ist, ist vergangen“, also manches kommt einfach nicht mehr zurück, du musst Abschied davon nehmen. Und du weißt auch nicht, was die Zukunft dir bringen mag. Aber das „Hier und Jetzt, das gehört dir.“

Das Hier und Jetzt. Bei mir ist es derzeit voller Sehnsucht nach dem, was mir vorher so lieb war. Menschen umarmen, in dichtem Gedrängel ein Konzert hören… Andere sehnen sich danach, endlich wieder ein verlässliches Einkommen zu haben.

Auch wenn es manchmal schwer ist, nicht genau zu wissen, wie es weitergeht – mir tut gut, woran der kleine Prinz mich erinnert: an das Hier und Jetzt. Trotz allem. Weil das mir gehört. Weil ich das heute und das morgen gestalten kann.

Ich lebe jetzt. Und deshalb ist es gut, innezuhalten. Und mich zu fragen, was jetzt dran ist. Auch wenn manches gerade nicht „normal“ ist. Immer wenn ich das tue, entdecke ich mein Leben neu, nehme es neu und anders wahr: Die Zeit mit Freunden. Jede Begegnung ist kostbar, ist nicht selbstverständlich. Die Natur um mich herum – sehe ich mit anderen Augen, genieße jeden Sonnenstrahl, lasse mich stärken. Ich nehme vieles bewusster wahr – und sehe und höre und fühle vieles deutlicher. Darin erschließen sich mir ganz neue Welten, vorsichtig noch, aber schon deutlich spürbar, wie eine Knospe des neuen „Normal“ im Hier und Jetzt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31168
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