Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

05JUN2020
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Deutschland vor 75 Jahren – ein einziges Trümmerfeld, viele Städte liegen in Schutt und Asche. Frauen waren die ersten, die – freiwillig oder auf Anordnung – Hand anlegten. Ihre Männer waren ja sinnlos auf Schlachtfeldern verblutet oder in Gefangenschaft geraten. Mit bloßen Händen haben Frauen Schutt weggeräumt und Mörtel von den Ziegelsteinen geklopft. Alles nebenher, versteht sich, denn da waren Kinder, Alte und Kranke zu versorgen. Und tagtäglich musste man mit knapp  rationierten Lebensmitteln irgendwie über die Runden kommen. 

Nun ist die Corona-Krise gewiss nicht mit dem Horror-Szenario von 1945 zu vergleichen. Aber es sind auch in diesem Fall wieder die Frauen, die den Laden am Laufen halten. Sie sind es doch, die mehrheitlich in den Pflegeberufen Kinder betreuen und sich um Alte und Kranke kümmern. Jetzt endlich hat man diese Arbeit als „systemrelevant“ erkannt. Gerecht bezahlt ist sie jedoch noch lange nicht! 

Corona hält ganze Familien wochenlang in ihren eigenen vier Wänden fest. Meistens managen Frauen und Mütter den Haushalt. Da gilt es, den lieben langen Tag Kleinkinder zu bespaßen, die größeren am Schul-Bildschirm anzuleiten und sich um Wäsche und Essen zu kümmern. Der Herr des Hauses verkriecht sich im Homeoffice und sollte nicht gestört werden. Frau aber auch nicht, wenn sie ebenso wie ihr Mann von zu Hause aus berufliche Arbeit erledigen muss. Als wahre Multitalente sind viele Frauen Erzieherin und Lehrerin, Köchin und Betriebswirtin in einem. Nicht zu vergessen: Da sind auch noch Tränen zu trocknen und Seelen zu streicheln.  

Es wäre nicht verkehrt, man würde jetzt nach der Lockerung in jeder Familie die Rollen- und Aufgabenteilung kritisch reflektieren. Einmal mehr haben sich die Frauen als krisenfester erwiesen als die Männer. Und darum muss es endlich ein Ende haben mit ungerechter Bezahlung und der Ungleichbehandlung der Frauen. 

Wie sehr wünschte ich mir für meine Kirche, sie würde in der Gleichbehandlung der Frauen beispielhaft vorangehen. Denn ohne die Frauen wäre unsere Männerkirche längst mausetot. Darum ist es schlicht auch ein Unrecht, den Frauen die Weiheämter vorzuenthalten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=31000
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