Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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25MAI2020
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Ist Gott ein Mann? „I wo,“, werden Sie wohl sagen. „Nein“, hat eine Schülerin gesagt, Katja aus der zweiten Klasse. "Nein, nicht nur ein Mann, aber der da", sie deutet in ihr Relibuch, "der ist Gott“! Sie zeigt auf das berühmte Bild von Michelangelo in der Sixtinischen Kapelle in Rom. Gottvater mit Rauschebart in den Wolken, gegenüber der nackte Adam. Ihre Finger berühren einander - fast.

In den Coronawochen ist das Bild im Internet oft geteilt worden. Leicht verändert natürlich: Gott desinfiziert erst mal die Hände. Aber im Ernst, Michelangelos Gemälde „Die Erschaffung Adams“ ist der Klassiker. Denn ja, so sieht er eben für viele aus. Er. Der Schöpfer, Gottvater. So ähnlich sehen wir ihn von klein an vor uns. Das ist ein gewohntes Bild.

Aber zu hören - Gott, sie ist wie eine Quelle, eine Henne - klingt ungewohnt. Dabei steht auch das in der Bibel. Sie ist wie eine Frau, die gebärt, eine Mutter, die uns tröstet. Gott also auch eine „Sie“, Schöpferin, Gottmutter? „Nein,“ sagen da manche, “Gott ist keine Frau. Wir dürfen uns doch kein Bild machen.“ Stimmt. Das Problem ist nur, wir haben schon eins und das ist männlich. Denn jahrhundertelang hatten Männer das Sagen, auch in der Kirche.

Dabei heißt es im ersten Buch der Bibel: Gott schafft sich den Menschen zum Ebenbild, als Mann und Frau. Wer die Bibel in der Ursprache liest, griechisch oder hebräisch, kann sie neu entdecken: Frauen und weibliche Gottesbilder. Wo Deutsch übersetzt „Brüder“ steht, sind oft „Schwestern und Brüder“ gemeint, das griechische Wort bedeutet beides. Auch „der Heilige Geist“ ist auf Hebräisch weiblich, also „die Geistkraft.“ Und „der Herrgott“ kann auch „die Lebendige“ oder „die Ewige“ heißen.

Die kleine Katja hat sich das in Reli so erklärt: „Gott ist kein Mann, er ist wie Eltern. Der Papa passt auf mich auf. Die Mama auch, aber die redet noch ein bisschen mehr...“ Nun ja, Unterschiede gibt es, Gott sei Dank.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30940
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