SWR1 3vor8

SWR1 3vor8

10MAI2020
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Manchmal in schweren Zeiten, wenn die Menschen am Ende sind, dann hilft Musik. Singen vor allem.

Das klingt vielleicht überraschend, aber ich glaube es stimmt. Im besonders schwer von Corona betroffenen Italien, haben die Leute von ihren Balkonen gesungen und sich gegenseitig Mut gemacht. Bei Schwerstkranken und Dementen, die kaum noch ein Trost erreicht, hilft es oft, wenn man für sie singt. Meine Mutter hat oft sogar mitgesungen und schien getröstet, obwohl sie sonst keinen ganzen Satz mehr sagen konnte. Und auch von Gefängnissen und Lagern wird das erzählt: Singen tröstet und macht Mut.

Daran erinnert jedes Jahr der Sonntag Kantate, den wir Christen heute feiern. Kantate heißt: Singt! Singt von Gott und davon, was er tun kann, damit die Lieder eure Herzen anrühren und neu beleben.

Warum Musik das kann? In den evangelischen Kirchen wird heute vom ersten Gottesdienst erzählt, der im Tempel in Jerusalem gefeiert wurde (2. Chr 5, 2-14). Dieser Bericht gibt vielleicht eine Antwort. Zur feierlichen Einweihung des Tempels, steht in der Bibel, waren viele Musiker versammelt: Glockenspiele und Harfen, Trompeten und natürlich Sänger. Die machten Musik aus Freude darüber, dass ihr prächtiges Gotteshaus endlich fertig war. Und, heißt es: „Es klang, als wäre es einer… als hörte man eine Stimme loben und danken“ (V. 13).

Ich glaube, das ist das Geheimnis der Musik. Wenn man es gemeinsam tut, dann klingt es zusammen schön. Die Musiker spielen nicht gegeneinander wie beim Sport, wo jeder zeigen will, wer der Beste ist. Wer musiziert, der fügt sich ein in den gemeinsamen Klang. Jeder kann seine eigene Stimme haben: Hoch oder tief, Trompete, Geige oder Harfe. Es spielen nicht alle das gleiche. Aber sie spielen zusammen. Und dann klingt es schön und überzeugend. Wer musiziert, der wird mitgezogen von den anderen. Auch wenn man zuerst meint, ich kann das nicht: Wenn man mitsingen darf, dann geht einem schließlich doch das Herz auf und es macht Freude. Musik weckt Erinnerungen und kann froh machen.

Erst recht, wenn die Lieder Gott loben. Gott, der das Leben gut geschaffen hat, von dem schon so oft Hilfe und Beistand gekommen ist. Wo sich Menschen mit ihrer Musik daran erinnern, da fassen sie neuen Mut.

Damals im Gottesdienst bei der Tempeleinweihung ist übrigens etwas Merkwürdiges passiert, erzählt die Bibel. Als sie gesungen haben, war auf einmal Gott selbst dabei, spürbar und sichtbar, wie eine Wolke. Da brauchten die Priester keinen Gottesdienst mehr zu halten.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30816
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