SWR3 Gedanken

SWR3 Gedanken

02MAI2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

„Geld oder Leben?“ Das war die Überschrift eines Artikels in meiner Tageszeitung*. Er hat sich mit der existentiellen Frage befasst, vor der die Bundesregierung am Anfang der Corona-Pandemie gestanden hat: Schützen wir die die Wirtschaft und lassen wir die Räder weiter laufen oder schützen wir die Menschen und halten die Räder an? Und es war eine so großartige wie gravierende Entscheidung sich für den Stillstand zu entscheiden. Denn es gab auch Stimmen, die ein „sozialverträgliches Frühableben“ der Hochrisikogruppen für vertretbar hielten, damit die Wirtschaft nicht an die Wand gefahren wird. Ich bin heilfroh, in einem Land zu leben, das sich auch dann für das Leben entscheidet, wenn der Preis dafür sehr hoch ist. Und Frauen und Männer in politischen Führungspositionen zu haben, die sich dem Prinzip der Solidarität verpflichtet fühlen, wenn es ernst wird. Was überhaupt nicht selbstverständlich ist. Wo doch das „Jeder ist sich selbst der Nächste“ in immer mehr Bereiche unserer Gesellschaft gedrungen ist. Aber gerade diese Krise zeigt, dass die Summe von Einzelinteressen kein Gemeinwohl hervorbringt. Am brutalsten in Amerika, wo es kein Gesundheitssystem gibt, das auf dem Gemeinwohlprinzip beruht, so wie bei uns, nach dem Motto „Einer für alle, alle für einen“. Selbst wenn ich gesund bin, zahle ich meinen Beitrag, für die, die krank sind. Und werde versorgt, wenn ich es bin. Dieses Solidaritätsprinzip werden wir in nächster Zeit auch in anderen Bereichen brauchen. Wenn es tatsächlich zur größten Wirtschaftskrise  aller Zeiten kommt, wird Solidarität der Schlüssel zum Überleben sein, wirtschaftlich und sozial. Das heißt: Abstriche machen, teilen und nie den Blick auf den Menschen neben mir und auf’s Ganze verlieren. Dann, und nur dann werden wir diese Krise auch gut überstehen. Denn im Wort Solidarität steckt das Wort solide. Und das heißt: unerschütterlich, fest und tragfähig.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30806
weiterlesen...