SWR3 Gedanken

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28APR2020
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„Du musst berühren um zu verstehen“, dieser Satz von Mutter Teresa kommt mir zur Zeit immer wieder in den Sinn. Berühren um zu verstehen, wo wir uns doch seit Wochen körperlich so auf Abstand halten müssen. Verstehen wir also gerade nichts und niemanden mehr? Und was hat Mutter Teresa verstanden, wenn sie die Ärmsten der Armen und die Unberührbaren berührt hat? Ich denke dasselbe was Jesus von Nazareth und alle, die wie er Menschen geheilt haben: dass es ein Zeichen von Würde ist, und von Zu-Neigung im Wortsinne, wenn Menschen berührt werden, die einsam sind, krank oder ausgegrenzt. Weil mit dem Körper auch die Seele berührt wird. Nicht umsonst ist das Wort berühren doppeldeutig: dass man körperlich berühren kann und seelisch. Und dass beides untrennbar miteinander verbunden ist. Schon im Mutterleib, in dem wir eingebettet waren in diese leib-seelische Rundum-Dauer-Berührung. Aus der wir dann raus mussten in diese helle kalte Welt, in der nur die Liebe ein Stück dieser Geborgenheit zurückbringt. Und jetzt, für  Wochen, ja Monate 2 Meter Abstand halten? Was das wohl macht mit unseren Seelen? Wenn Menschen keinen Partner haben, keine Kinder oder keinen Besuch im Altenheim haben dürfen? Das schnürt mir das Herz zusammen. Und ich selbst halte es auch kaum aus, Menschen die ich mag oder liebe nicht so nahe kommen zu dürfen wie sie mir sind. Was tun um nicht seelisch zu verkümmern? Was tun, damit die, die Berührungen brauchen wie Brot, nicht seelisch verhungern? Ihnen Zeichen geben, viele Zeichen, die ihr Herz berühren. Und aushalten. Durch zurückschauen und nach vorn. Aushalten indem wir uns erinnern an die schönen seelischen und körperlichen Momente. Sie so wachrufen, so lebendig werden lassen, dass man sie geradezu wieder spürt. Und sie halten, immer wieder festhalten, so lange bis wir uns wieder die Hände reichen, umarmen und küssen dürfen. Und welch ein Fest wird das sein!

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