Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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25APR2020
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Brotbacken ist momentan wieder angesagt. Zumindest deutet beim Einkauf vieles daraufhin, denn Hefe und Mehl sind gerade immer etwas knapp. Aber Roggenvollkornmehl gab es noch und so habe ich Sauerteig angesetzt.

Keine komplizierte Sache. Als ich noch regelmäßig Brot gebacken habe, lief das rund. Aber nun? Immer wenn ich nachschaue oder den Sauerteigansatz mit Mehl und warmem Wasser füttere, schaut mich ein eher trist aussehender Sauerteig an. Eigentlich sollte er am dritten Tag blubbern. Aber da blubbert nichts. Soll ich ihn also besser entsorgen und noch mal neu beginnen oder warte ich ab? Ich beschließe zu warten.

Während ich tagelang warte, ob sich etwas verändert, fällt mir das Gleichnis vom Sauerteig aus der Bibel ein. Da hat eine Frau mit ihrem Sauerteig 25 kg Mehl durchsäuert. Dieses Gleichnis ist ein Bild, ein Vergleich. Vielleicht ist es auch ein Bild für meinen Glauben an Gott, für meine Beziehung zu ihm wie sie gewachsen ist und mein Leben prägt?

Mein Glaube hat seinen „Ansatz“ durch meine Mutter und meine Großeltern bekommen. Er gehörte in ihrem Leben zum Alltag dazu. Und dann war das bei mir auch so. Glaube war irgendwie ganz natürlich. Später veränderte sich das – auch durch das Theologiestudium, wodurch der Glaube noch mal mehr Raum einnahm – es kamen mehr Fragen hinzu und Zweifel. Besonders prägend erlebe ich meinen Glauben für mein praktisches Tun: Ich möchte, dass es meinen Mitmenschen gut geht und dass diese Welt gesund erhalten bleibt. Dafür setze ichmich ein.

So ist mein Glaube seit seinem Ansatz in meiner Kindheit gewachsen und verändert sich stetig – mal fällt mir meine Beziehung zu Gott leichter, mal schwerer. Aber in diesen schweren Zeiten, wenn ich mehr Fragen als Antworten habe, lasse ich der Beziehung zu Gott einfach Zeit. Zeit, sich zu entwickeln. Letztlich im Vertrauen darauf, dass sich die Beziehung positiv weiterentwickelt.

Und dieser Gedanke bringt mich zurück zu meinem Sauerteig. Denn als ich am sechsten Tag nachschaue, bin ich überrascht: Es blubbert. Ihm Zeit zu geben und zu vertrauen hat sich gelohnt. Und das später daraus gebackene Brot hat wunderbar geschmeckt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30792
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