SWR1 3vor8

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10APR2020
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Karfreitag. Christen in aller Welt erinnern sich daran, wie Jesus damals in Jerusalem mit anderen Verbrechern am Kreuz hingerichtet wurde: angeklagt von den Religionsbehörde, verurteilt von der Besatzungsmacht. Scheinbar hilflos und ohnmächtig dem Schicksal ausgeliefert.

Die Erinnerung daran hat durch die Jahrhunderte Menschen getröstet und ihnen geholfen, ihr Schicksal zu tragen. In Lazaretten und Gefängnissen, in Armenvierteln und Hospitälern hängen und stehen Kreuze. Und gerade in Notzeiten sind sie für viele eine Hilfe.

Was ist an diesem einen Sterbenden so besonders? Seither sind Unzählige genauso elend gestorben wie er. Warum kann einen das Kreuz trösten, gerade, wenn es einem richtig schlecht geht?

Für die evangelischen Gottesdienste, die man in diesen Wochen nur über Bildschirme und am Radio mitfeiern kann, ist für heute ein Bibelabschnitt vorgesehen, der eine Antwort gibt. Im 2. Brief an die Menschen in Korinth hat Paulus geschrieben: „Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber“ (2. Kor 5, 18).

Gott war in Christus! Von Anfang an haben Christen geglaubt, dass Gott sich in Jesus Christus gezeigt hat. In ihm hat Gott gelitten. In ihm wurde Gott qualvoll hingerichtet. Ich meine, das hat Menschen zu allen Zeiten getröstet. Gott ist eben nicht nur oben über’m Himmelszelt auf goldenem Thron. Er ist mit seinem Segen nicht nur bei den Starken und Reichen. Gott war und ist bei den Leidenden, bei den Kranken, bei den Einsamen. Am Kreuz Christi hat sich gezeigt, wie weit das geht.

Deshalb muss keiner, der leidet sagen: Gott lässt mich allein. Vielleicht habe ich es nicht anders verdient. Nein! Gott ist auch bei den Leidenden. Er leidet mit ihnen.

Deshalb hat es vielen geholfen und hilft es vielen, auf das Kreuz zu schauen. Denn das Kreuz erinnert: Gott lässt keinen allein. Das Kreuz hilft, auf Gott zu vertrauen, auch in schweren Zeiten. Er bleibt sogar bei den Sterbenden und hält ihr Leben in der Hand – über den Tod hinaus. So wie er Jesu Leben festgehalten und ihm schließlich neues Leben geschenkt hat.

Gott lässt keinen allein. Er ist es auch, der Menschen ermutigt, einander beizustehen so gut sie können. Damit alle das spüren können, dass keiner allein ist. Ich glaube, das könnte unser Zusammenleben verändern.

Ich hoffe sehr, dass viele auch heute die tröstende Kraft des Kreuzes spüren. Und dass sie wir vielleicht später, wenn die Krise vorbei ist, einmal sagen können, was Paulus den Korinthern geschrieben hat: „Wenn jemand zu Christus gehört, gehört er schon zur neuen Schöpfung. Das Alte ist vergangen. Seht doch! Etwas Neues ist entstanden.“ (2. Kor 5, 17)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30686
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