SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

07APR2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Jesus kannte Lahme und Blinde, Fallsüchtige und Aussätzige. Coronakranke kannte er noch nicht. Aber auf die genaue Diagnose hat er wohl auch wenig Wert gelegt. Denn die Menschen schienen ihm allesamt ziemlich krank, selbst dann, wenn sie sich für gesund hielten. „Die Kranken bedürfen des Arztes, nicht die Gesunden.“ sagt er. Mit dem „Arzt“ meint er sich selbst, und mit den „Kranken“ uns. Für ihn sind wir alle Patienten, auch, wenn wir uns noch fit fühlen. Warum?„Ich bin gekommen, die Sünder zu rufen, nicht die Gerechten, die Kranken bedürfen des Arztes, nicht die Gesunden.“

Darum heilte er nicht nur Lahme und Blinde, sondern setzte sich mit Zöllnern und Sündern an einen Tisch. Gegen seine heilsame Tätigkeit hatten auch seine Zeitgenossen nichts einzuwenden. Dass er aber mit Zöllnern und Sündern verkehrte, nahm man ihm übel. Er ließ sich kein Führungszeugnis und kein Vorstrafenregister vorlegen, bevor er mit jemandem sprach. Er machte keinen Bogen um die Menschen, die, aus welchen Gründen auch immer, gegen Gesetze und Moral verstießen. Er war nicht wählerisch in seinem Umgang. Im Gegenteil. Jesus verehrte mit allen, nicht nur mit moralisch integren Personen.

Ich hab mich immer gefragt: wenn Jesus heute wiederkäme, wo würde er hingehen, um seine Patienten zu treffe? Ich vermute: er würde einfach an der nächstbesten Tür schellen - und würde vielleicht bei mir landen.

Was mich bei Jesus beeindruckt ist die Verbindung von Offenheit allen Menschen gegenüber, besonders den Nicht-Integren – und die klare Ansage: „Gehe hin und sündige hinfort nicht mehr.“ Er setzt eindeutig darauf, dass Menschen sich verändern können. Aber er wartet mit seiner Liebe nicht erst ab, bis sie es getan haben. Er nennt sie ganz klar: Sünder. Aber er macht deutlich, dass Menschen, was auch immer sie tun und getan haben, nicht hundert Prozent damit identifiziert werden dürfen.

Jesus zeigt in seinem Verhalten, was Nächstenliebe wirklich bedeutet. Nämlich auch unverzeihliche Taten zu verzeihen, und nichtliebenswerte Menschen zu lieben.(Chesterton)

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30677
weiterlesen...