SWR2 Wort zum Tag

SWR2 Wort zum Tag

31MRZ2020
AnhörenDownload
DruckenAutor*in

Immer schon war diese Zeit vor Ostern eine Einladung, den inneren Haushalt zu sortieren und nachzusehen, ob man wirklich alle Tassen im Schrank hat. Der innere Kompass bei solchem Frühlingsputz könnte eine Bemerkung des großen Seelenarztes Carl Gustav Jung sein: „Die entscheidende Frage – so schreibt er – die entscheidende Frage für den Menschen ist: Bist du auf Unendliches bezogen oder nicht? Das ist das Kriterium deines Lebens.“  Anders gesagt:  worauf hoffe ich, und zwar in guten und in  bösen Tagen? Was trägt, wenn es ernst wird? Womit bin ich zutiefst verbunden? „Unendliches“,sagt der erfahrene Therapeut C.G. Jung, man könnte auch sagen „Grundlegendes“. Also worauf ist Verlass?  Diese Frage scheint unausweichlich, ob dafür nun das Wort „Gott“ gebraucht wird oder nicht.  Allerdings, so frage ich mit dem Dichter Rilke: „Ist es möglich zu glauben, man könne einen Gott haben, ohne ihn zu gebrauchen?“

Die schönste Form, Gott zu gebrauchen, ist die Suche nach ihm, nein, das Geschenk, sich von ihm finden zu lassen. Beten nennt man das, seiner Gegenwart innewerden.  Denn in ihm leben wir ja, bewegen wir uns und sind wir. Und ohne ihn wären wir nicht, wäre nichts. Wie viel Gutes sich doch alltäglich unter uns zeigt, gerade in diesen schwierigen Zeiten. Gott gebrauchen, das wäre dann wie in Beziehungen sonst: Zeit füreinander haben, Bitte und Danke sagen, und überhaupt: miteinander sein, also Beten.  Etwa so wie in diesem Psalm 63.

„Gott, du mein Gott, dich suche ich, /meine Seele dürstet nach dir. /Nach dir schmachtet mein Leib, /, wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser./  Darum halte ich Ausschau nach dir,/um deine  Gegenwart und Macht zu spüren. Denn deine Güte ist besser als das Leben.“ Da spricht jemand mit seiner ganzen Sehnsucht, fiebernd nach Trost und Erfüllung. Und das Wichtigste dabei: sein Lebens- und Liebeshunger hat eine Adresse gefunden, nein die Adresse. In diesem Psalm betet sich jemand durch bis zum großen Frieden, er macht Gebrauch von Gott. Wer sein Leben derart ins Gebet nehmen kann, ist gut dran. Dann sortiert sich nicht nur der innere Haushalt, sondern das gesamte Verhalten. Zuversicht kehrt ein, der Frühjahrsputz kommt voran. Übrigens ist es gut, solch ein Gebet laut zu sprechen und immer wieder einmal, den ganzen Tag über und zur Nacht. Das schenkt inneren Frieden.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30640
weiterlesen...