SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

01APR2020
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Grüne Almwiesen, blauer Himmel und Berggipfel in der Sonne. Da entsteht bei mir ein Gefühl von Romantik und heiler Welt. Das sind die Bilder, die ich bisher mit dem Wort „Heimatfilm“ verbunden habe. Das hat sich geändert. Seit ich den Kanal „SWR Heimat“ kenne. Zu finden ist er bisher nur im Internet und auf der Plattform Instagram. Bestimmt hilft Ihnen jemand, wenn Sie sich da nicht auskennen. In SWR-Heimat erzählen Menschen ihre Geschichte. Mit Fotos oder in kurzen Videos, meistens nur zwei oder drei Minuten lang. Aber es reicht aus, um genug zu erfahren: wer da eigentlich in unserer Heimat lebt. Wie es dem nebenan geht. Und warum er so lebt. Die Autoren fragen jedes Mal nur: Wer bist Du und was ist Deine Geschichte?
Ein Film hat mich besonders berührt. Er erzählt von Frank aus Oberschwaben. Seine Leidenschaft ist es, auf Partys Musik zu machen; er ist DJ. Der Film begleitet ihn zu seiner letzten Veranstaltung. Denn Frank hat kaum noch Kraft, er leidet unter Muskelschwund und wiegt keine 30 Kilo mehr. An diesem letzten Abend liegt er auf einer Matratze, wird beatmet – und macht Musik. Das Ganze vor allem deshalb, weil er Spenden sammeln will für einen Jungen im Rollstuhl.

Ich finde es mutig und richtig, den Begriff Heimat so offensiv zu verwenden. Weil Heimat für Viele immer noch negativ besetzt ist, weil er altmodisch und spießig klingt. Und weil Heimat politisch missbraucht wird. Ganz anders in diesenHeimat-Geschichten. Dort gibt es eine bunte Vielfalt. Die Filme machen Freude! Weil sie öffnen, weil sie zeigen, wie schön, wie mutig und wie überraschend unsere Nachbarschaft und unsere Gesellschaft ist. Ich begegne Menschen, denen ich sonst nie über den Weg laufen würde. Die Hauptdarsteller in den Filmen sind keine Promis, es sind Zufallsbegegnungen. Ich bin begeistert, wen ich hier kennenlernen darf. Zum Beispiel die Straßenmusikerin aus der Ukraine und den ehemals Obdachlosen aus Cannstatt. Den türkischen Taxifahrer und die Jugendliche mit einer seltenen Krankheit. Und das homosexuelle Paar aus Schwaben mit ihrem kleinen Sohn.

Es ist nachgewiesen: In Zeiten, in denen sich vieles ändert, wird der Begriff Heimat wieder häufiger verwendet. In so einer Zeit leben wir gerade. Dann ist es entscheidend, mit welchen Bildern und Geschichten Heimat verknüpft ist. Die Heimatgeschichten machen mir eines ganz deutlich: jeder – und wirklich jeder hat etwas zu erzählen. Kein einziger Film ist langweilig; nach jedem Beitrag denke ich: Was für eine tolle Geschichte, was für ein toller Mensch!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30603
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