Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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21MRZ2020
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Etwas Neues beginnen, ohne alles schlecht zu reden, was vorher war: Geht das? Manche finden, es braucht einen harten Schnitt, um voranzukommen. Und die, die an der Tradition hängen, sollen schauen, wo sie bleiben. Aber dann gibt es Streit, der in der Schärfe vielleicht gar nicht nötig wäre.

Wie es anders gehen kann, könnte man bei Johannes Brenz lernen. Er war der Reformator Württembergs. Vor 450 Jahren ist er gestorben; zu diesem Jahrestag erinnert die evangelische Kirche an ihn.

Johannes Brenz hat nicht den Streit gesucht. Zumindest nicht, wenn er etwas für eher nebensächlich gehalten hat. Als evangelischer Pfarrer in Schwäbisch Hall hat er dafür gesorgt, dass Bilder in den katholischen Kirchen nicht zerstört wurden. Andernorts wurden die zum Entsetzen der Katholiken vernichtet. Denn viele Evangelische fanden, Bilder in der Kirche lenken vom Wort Gottes ab. Brenz hat trocken gesagt: Besser, die jungen Männer im Gottesdienst werden vom Heiligen Laurentius oder einer Marien-Statue abgelenkt, als von den jungen Damen in der nächsten Kirchenbank. Also durften die Bilder bleiben und der Friede blieb gewahrt. Brenz hat allerdings auch darum gebeten, dass die Menschen ihr Geld nicht mehr zur Verehrung der toten Heiligen verwenden sollten. Sinnvoller sei es, die lebenden Armen zu unterstützen.

Ein ausgleichender Mensch war er also. Aber doch auch ein Freund klarer Worte. Als die Fürsten nach dem Bauernaufstand blutige Rache an den Bauern nehmen wollten, hat er ihnen hart ins Gewissen geredet: Ihr habt Unrecht an ihnen begangen und sie unterdrückt, hat er gesagt. Darum wart ihr auch mitverantwortlich für ihren Aufstand. Also verhaltet euch wenigstens jetzt als Christen und seid in Zukunft gerechter ihnen gegenüber.

Richtig revolutionär ist Brenz geworden, wenn es um die Schulen ging. Er hat in seinem Umfeld dafür gesorgt, dass das Schulgeld abgeschafft wurde. Wegen des Schulgeldes konnten nämlich die Kinder armer Leute vorher nicht zur Schule gehen. „Die Jugend ist der höchste Schatz einer Bürgerschaft“, hat er geschrieben. Darum muss sich die Gesellschaft um ihre Ausbildung kümmern. Auch die Mädchen sollten zur Schule gehen, nicht nur die Jungs. Das hat er durchgesetzt.

Im süddeutschen Raum sind auch heute noch Schulen nach ihm benannt. Wie gut, wenn Kinder dort beides lernen können: Für Ausgleich sorgen und deutlich ihre Meinung sagen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30536
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