SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

18MRZ2020
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Wenn ich mit dem Auto übers Land fahre, fallen mir immer mehr grüne Kreuze auf. Am Anfang habe ich nicht gewusst, was das bedeutet. Heute weiß ich, dass diese grünen Kreuze ein Protestzeichen der Landwirte sind, die sich von der Politik im Stich gelassen fühlen. Im ersten Moment habe ich gedacht, dass man das Kreuz als Zeichen für den Tod Jesu doch nicht für so etwas benutzen darf. Denn hier geht es ja nicht direkt um Tod und Leben, sondern um das Anliegen der Landwirte. Die grünen Kreuze sind ein Aufschrei – wie jedes Kreuz ja auch ein Aufschrei ist. Wenn ich als Christ auf das Kreuz Jesu schaue, dann erinnert es mich daran, wozu Menschen in der Lage sind. Jesus ist ihnen unbequem geworden, weil er mit seiner Botschaft provoziert hat. Er ist überzeugt, dass Gott auch die mit Liebe annimmt, die massive Fehler gemacht haben. Er setzt sich so für eine Gesellschaft ein, in der nicht nur die Frommen etwas gelten, weil sie scheinbar alles richtig machen. Das passt diesen Frommen natürlich gar nicht und sie wollen ihn aus dem Weg räumen.

Und das zeigt für mich auch die Richtung an, worum es bei den grünen Kreuzen geht. Die Landwirte wollen mich provozieren, damit ich mich solidarisch mit ihnen zeige. Sie haben Angst um ihre Zukunft. Und das kann ich verstehen. Es ist eine immense Herausforderung, wenn man alles gleichzeitig können soll: Alle mit Lebensmitteln versorgen, das Fleisch einerseits so günstig anbieten, dass auch die Ärmeren es sich leisten können, andererseits so teuer, dass weniger Fleisch gegessen wird. Und dass dann ein Landwirt trotzdem von dem leben kann, was er verkauft. Dazu kommt, dass wir in Deutschland einiges für das Klima und gegen das Insektensterben tun müssen, was den Landwirten wieder viel abverlangt. Ein zweischneidiges Schwert, aber so oder so geht es um die Zukunft. Wenn das Klima extremer wird und es keine Insekten gibt, hat die Landwirtschaft auch keine rosige Zukunft. Das ist klar. Ich denke, dass das nur machbar ist, wenn wir als Gesellschaft zusammenhalten. Und das heißt, dass ich auch Abstriche mache und zum Beispiel das Gemüse kaufe, das hier vor Ort von unseren Bauern produziert wird.

Beim nächsten grünen Kreuz, das ich sehe, denke ich also zuerst an Jesus. Dann überlege ich weiter, wie ich als Verbraucher mithelfe, dass die Natur geschützt wird und die Landwirte gleichzeitig gut von ihrer Arbeit leben können. Das muss sich bemerkbar machen, wenn ich beim nächsten Mal den Einkaufskorb im Laden fülle mit Gemüse von Landwirten aus der Region.

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