Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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11MRZ2020
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„Ich will, dass du bist!“ Dieser Zuspruch steht in großer Schrift im Eingangsbereich der Würzburger Augustinerkirche. Kurz gesagt ist es das, was im Evangelium zu lesen ist. Jesus hat sich immer den Menschen zugewendet, ganz besonders denen, die gesellschaftlich benachteiligt oder ganz ausgeschlossen waren. Gerade ihnen gegenüber hat er sich so verhalten, dass sie spüren konnten: „Ich will, dass du bist!“ 

Es ist auch das Leitwort von Guido Lorenz. Er hat 37 Jahre in Stuttgart als Betriebsseelsorger gearbeitet. Im Januar ist er in Ruhestand gegangen. Ich erzähle von ihm, weil er wichtig ist für mich, obwohl ich ihn nur ein einziges Mal persönlich getroffen habe. Wenige Jahre nachdem er angefangen hat für die Betriebsseelsorge zu arbeiten. Ich erinnere mich sehr genau daran, mit welcher Hochachtung er von den vielen Menschen gesprochen hat, die er in Betrieben getroffen hat. Mich hat das berührt. Jedes noch so klein und unbedeutend erscheinende Menschenleben war ihm der Rede wert. Die Menschen in Lagerhallen, am Fließband, auf Baustellen. Er hat dem türkischen Teamleiter genauso eine Stimme gegeben wie der Migrantin aus Eritrea. Der kroatischen Witwe und dem geflüchteten jungen Azubi aus Syrien. Er hat immer wieder selbst am Fließband gearbeitet oder für einige Wochen einen LKW gefahren. Um spüren zu können wie sich ein Leben anfühlt als Arbeiter am Band oder im LKW auf der Straße.

Guido Lorenz hat mit Betriebsräten und Gewerkschaften für gerechtere Arbeitsbedingungen gekämpft. Zusammen mit seinen vielen Kollegen in der Betriebsseelsorge der Diözese Rottenburg Stuttgart. Er hat dafür gesorgt, dass Menschen wahrgenommen worden sind, die machtlos waren, arbeitslos, auf jeden Fall zu kurz gekommen. Dazu angetrieben hat ihn sein Leitwort: „Ich will, dass du bist!“ So versteht er die Beziehung von Gott zu den Menschen. 

Ich bin nicht Betriebsseelsorgerin geworden. Aber diese Aufmerksamkeit für jeden Menschen hat mich geprägt. Jeder Mensch hat eine große Geschichte – auch wenn sie noch so bedeutungslos erscheint. Jeder Mensch hat ein Recht darauf beachtet zu werden. Weil jedem die Zusage Gottes gilt: „Ich will, dass du bist!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30493
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