SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

23FEB2020
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Kennen Sie das? Etwas ist richtig schief gelaufen. Sie ärgern sich über eine verpasste Gelegenheit. Doch dann, so nach und nach, merken Sie: Es war zumindest für etwas gut!

In der Regel sieht man das wirklich erst später. Ich habe das schon oft erlebt. Und immer wieder erzählen mir andere, dass es ihnen ganz genauso gegangen ist. Erst scheint nichts mehr zu gehen, wirklich gar nichts mehr. Und plötzlich sehe ich eine Lösung, die hätte ich sonst wahrscheinlich nie gefunden. Dafür musste erst einmal gründlich schiefgehen, was ich ursprünglich vorgehabt hatte.

Letztes Jahr zum Beispiel haben meine Frau und ich schweren Herzens eine kurze Reise abgesagt. Der Termin war plötzlich ungünstig, und kurz vorher ist uns eine hohe Reparaturrechnung ins Haus geflattert. Die hat ein richtiges Loch gerissen. Da war die kleine Reise mit einem Mal zu teuer. Aber jetzt war es auch zu spät, um ohne Gebühren aus der Sache rauszukommen. Eine Weile haben wir uns richtig geärgert. Doch dann musste unser Sohn ganz plötzlich ins Krankenhaus. Nichts Schlimmes, aber er hat uns doch ein paar Tage gebraucht. Genau in der Zeit, in der wir sonst weggewesen wären. Da war ich richtig froh, dass wir die Reise abgesagt hatten! Der Ärger war vergessen. Es war doch am Ende für etwas gut, dass es so gelaufen ist!

So schlecht etwas auch ist, es ist noch für etwas gut. Mit den Worten könnte man eigentlich auch gut die Geschichte von Jesus in der Bibel zusammenfassen. Dort sieht es eigentlich ähnlich aus. Es ist wirklich eine schlimme Geschichte. Jedenfalls ist sie schrecklich ausgegangen. Sie haben Jesus in Jerusalem hingerichtet. Dabei hat er doch niemandem geschadet. Im Gegenteil: er hat vielen gut getan. Was für ein Unglück! Doch die Bibel wiederholt immer wieder: Das musste so sein. Das war gut für uns Menschen.

Auch wenn es schwer ist, am Ende wird es für etwas gut sein. Ich glaube, so hat Jesus sein Schicksal selber auch gesehen. Sein Freund Petrus hat ihn daran hindern wollen, dass er nach Jerusalem geht. Er hat Jesus gewarnt: Das geht schief! Pass auf, dir passiert dort was! Hier in der Provinz bist du sicher. Aber in Jerusalem, da ist die Regierung, die römische Besatzung!

Aber Jesus hat nicht auf Petrus gehört. Er ist richtig ärgerlich auf seinen Freund geworden. Er hat ihn sogar ziemlich übel beschimpft! Er wollte nichts hören von seinen Befürchtungen. Er wollte sich nicht von seinem Vorhaben abbringen lassen.

Ist das wirklich Jesus? Ist der echt so mit seinen Freunden umgegangen? Petrus hat es doch nur gut mit ihm gemeint! Aber Jesus war sich ganz sicher: Auch wenn das hier schlimm ausgeht – es ist für was gut. Gott will das so. Gott hat sich was dabei gedacht. Und am Ende wird es gut sein.

Jesus hat dann viele Leute zu sich gerufen. Alle seine Jünger waren dabei. Er hat ihnen gesagt: Was hilft es denn jemandem, wenn er die ganze Welt gewinnt – und gleichzeitig an seiner Seele Schaden nimmt?

Damit hat er wohl gemeint: Sucht nicht euren eigenen Vorteil. Seid für andere da. Drückt euch nicht, auch wenn ihr vor einer Aufgabe steht, die erst mal sehr schwer erscheint. Vertraut immer darauf: Auch wenn es erst schwierig aussieht – am Ende wird es gut. Wer nur an sich selber denkt, der nimmt am Ende Schaden an seiner Seele.

Davon wird in der heutigen Zeit viel gesprochen. Ein ganzer Berufszweig ist dafür entstanden: Menschen, die extra dafür ausgebildet wurden, um den Schaden an den Seelen von anderen zu heilen. Wir passen heute darauf auf, dass die Seele keinen Schaden nimmt.

Und trotzdem tut sie das natürlich immer wieder. Dinge geschehen, die brennen sich mir in die Seele. Ich habe etwas gesehen und kann es nicht mehr vergessen.

Aber Jesus meint hier noch andere Menschen. Die Unersättlichen, Gierigen. Die ganze Welt wollen sie gewinnen. Denn sie sind gewohnt, dass sie gewinnen. Dass sie auf der Sonnenseite des Lebens unterwegs sind. Auf der Siegerseite.

Aber auch die Seele eines solchen Menschen kann Schaden nehmen. Er ist scheinbar glücklich und zufrieden, er hat alles, er kriegt alles – und immer noch mehr! Doch seine Seele nimmt Schaden. Alle seine Wünsche werden erfüllt oder sind längst erfüllt. Doch in seiner Seele fühlt es sich vielleicht leer und kalt an. Er wird hart und gefühllos.

Ein Mensch, der die ganze Welt gewinnt. Dem nie etwas passiert. Und der deshalb auch nie erfährt, wofür das dann vielleicht trotzdem gut ist. Ich glaube, ich sollte mir lieber nicht wünschen, dass ich die ganze Welt gewinne. Am Ende kommt meine Seele nicht hinterher. Sie könnte hart und gemein werden. Und ich ein misstrauischer Mensch, der überall Feinde sieht.

Ich werde dann vielleicht nicht freundlich sein und auf andere achten, auf andere hören. Ich werde nur mich sehen. Nur noch an mich glauben.

Nein, das wünsche ich mir nicht. Ich habe schon aus Niederlagen und bitteren Erlebnissen gelernt. Und seltsam: gerade dann habe ich gelernt, auf Gott zu vertrauen. Dafür war das gut. Ich glaube, so hat Jesus es gemeint.

So schlecht etwas auch ist, es ist noch für etwas gut. Probieren Sie es aus!

Ich wünsche Ihnen einen gesegneten Sonntag!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30380
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