Anstöße SWR1 RP / Morgengruß SWR4 RP

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22FEB2020
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Letztes Jahr, im späten Herbst, an einem Samstagmorgen sind wir aufgebrochen zum Bergwandern. Für ein paar Tage nichts wie weg, frische Luft, bunte Farben, gute Aussicht. Wir haben uns auf herrlich vertraute Wanderwege gefreut in der liebgewordenen Kulisse des Kleinwalsertals. Wir hatten Appetit auf den Eintopf der Berghütte und den Jagertee unterwegs.

Als wir angekommen sind, war das Wetter schlecht. Alles grau in grau und nebelverhangen. Die Berge, so haben uns die Gastgeber versichert, seien noch da, aber sie wären in letzter Zeit etwas scheu. Und tatsächlich, sie haben sich verhüllt Tag und Nacht unentwegt.

„Der Wald steht schwarz und schweiget
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.“

Wir können seither ein Lied davon singen. Wir haben die ganze Woche darauf gewartet, dass der Himmel endlich aufreißt und uns den Blick freigibt auf die hohen Gipfel. Nichts ist passiert. Unsere Versuche im trüben Novemberlicht doch ein paar Touren zu machen, führten nicht weit.

So sind wir am Ende wieder abgereist ohne einen einzigen freien Blick auf die Bergwelt und ihre ganze geheime Schönheit. Nichts außer Nebelleben. Vorwärts wie rückwärts. Natürlich haben wir auch geglaubt, dass alles noch da ist, was wir uns in den letzten Wanderurlauben so vertraut gemacht haben. Aber gesehen haben wir nichts davon.

Im Nebel tappen, ohne Durchblick und Ausblick, das kommt nicht nur beim Bergwandern vor. Das passiert uns auch auf unserem Lebensweg überhaupt und anderswo.

Und erst recht mit Blick auf Gott und seine himmelhohe Weite liegt manchmal alles im Nebel. Es gibt zwar immer welche, die beharrlich behaupten, er sei nach wie vor da und dort. Aber es gibt auch ein trübes Fernsein Gottes.

Lichtblicke und Hoffnungsschimmer sind manchmal rar. Da kann ich nur beten:
„Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal,
so fürchte ich kein Unglück, denn du Gott
bist bei mir!“

Gott ist da, auch im Nebel. Wie die Berge.

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