Anstöße sonn- und feiertags

Anstöße sonn- und feiertags

Nils steht völlig aufgelöst vor mir und sagt: „Ich hab mich so gut versteckt, dass Timo mich nicht gefunden hat. Am Anfang war das echt super. Aber dann hat er einfach aufgehört zu suchen und ist weggegangen.“

Nils und Timo spielen gern „verstecken“. Es macht ihnen Spaß, immer neue Verstecke zu entdecken, sich zu suchen und dann zu finden. Doch jetzt steht Nils vor mir. Enttäuscht und auch ein bisschen wütend auf Timo. Es braucht tröstende Worte und ein kurzes Gespräch zu dritt, dann ist für die Jungs wieder alles in Ordnung.

Verstecken hab ich früher auch gerne gespielt. Und jetzt spielt Verstecken in meinem Leben auch immer mal wieder eine Rolle: in meiner Beziehung zu Gott. Klingt vielleicht komisch, aber ich frag mich, ob Gott sich manchmal absichtlich versteckt. Und wo ich suchen muss, um ihn zu finden. Vielleicht war ich manchmal auch schon nah dran, hab dann aber zu schnell aufgehört zu suchen? 

Gott ist nah und gleichzeitig ganz fern. Das hat gläubige Menschen zu jeder Zeit beschäftigt und sie haben versucht das in ihrem Kopf und ihrem Herz zusammen zu bringen.

Ich kenne das selbst: Nah ist Gott, wenn ich etwas von ihm spüren kann. Wenn es ruhig, friedlich in mir wird. Das ist oft ein feines, unaufdringliches Gefühl, das ich nicht machen kann. Ganz anders ist es, wenn ich mit dem Leben hadere. Dann fühlt sich das manchmal so an, als wenn Gott ganz fern ist. Oder wenn ich über Gott nachdenke. Da komme ich hin und wieder an den Punkt, dass Gott doch eigentlich viel größer ist, als ich ihn mir vorstellen kann. Das rückt ihn auch weg von mir. 

Diese Spannung hat der Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti aufgegriffen. Er ist vor ein paar Jahren verstorben und hat ein Gedicht geschrieben, dass „großer gott klein“ heißt. Nachdem er aufgelistet hat, wie klein und nah uns der große Gott ist, bezeichnet er den Menschen als Gottesversteck. Das finde ich ein wunderbares Bild, denn es sichert mir zu, dass es in mir einen Ort gibt, der nur Gott und mir gehört. Und dass ich Gott finden kann, egal was um mich herum gerade los ist. Gott ist da. In mir. Und so drückt es Kurt Marti aus:

 

großer gott:
uns näher als haut
oder halsschlagader
kleiner als herzmuskel
zwerchfell oft:
zu nahe
zu klein – wozu
dich suchen?
wir: deine verstecke

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30310
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