SWR4 Abendgedanken

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21JAN2020
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War Jesus ein Weinkenner? An einer Stelle im Evangelium wird berichtet, das er als „Fresser und Weinsäufer“ verschrien war. Das gehört zwar am ehesten in die Rubrik „Üble Nachrede“. Aber fest steht, dass Jesus sich gerne mit anderen zusammen gesetzt hat und dass es dabei auch meistens etwas zu essen und zu trinken gab. Wie sich’s gehört eben. Die entscheidende Stelle wenn’s um seine Expertise in Weinfragen geht, war aber die Hochzeit zu Kana. Sie ist als erstes Zeichen im Johannesevangelium überliefert. Zeichen, mit denen Jesus unter Beweis stellt, dass er von Gott kommt und in dessen Namen etwas auszurichten hat. In Kana hat er Wasser in Wein verwandelt. Und hinterher beschwert er sich beim Gastgeber und sagt:

Jeder setzt zuerst den guten Wein vor und erst, wenn die Gäste zu viel getrunken haben, den weniger guten. Du jedoch hast den guten Wein bis jetzt aufbewahrt (Johannes 2,10).

Klare Ansage, kann ich da nur sagen. Und: Recht hat er! Wenn man zu viel getrunken hat, schmeckt man die Feinheiten nicht mehr so gut. Und es interessiert einen auch gar nicht mehr so sehr. Bei einer Hochzeit erst recht. Da geht es nicht in erster Linie um den besonderen Weingenuss, sondern darum, das Paar hochleben zu lassen und sich miteinander zu freuen, dass zwei Menschen sich gefunden haben und gemeinsam durchs Leben gehen wollen. Ich vermute: Das sieht Jesus genauso. Aber bei ihm geht es noch um etwas ganz anderes. Der Wein steht bei ihm gewissermaßen für das, was Gott dem Menschen schenkt. Der Wein wird bei ihm zu einer Art Lebenselixier, zu einem Labsal für den Menschen, zu dem Getränk des Lebens. Er hat diesen Wein, dieses Lebenselixier. Und er verschenkt es großzügig, wo immer man ihn braucht. Von sieben Krügen ist in der Bibel die Rede. Was so viel bedeutet wie: Es ist mehr als genug für alle da.

Von dem Wein, um den es da geht, hatte Jesus jedenfalls eine Ahnung. Da war er ein echter Experte. Wer von diesem Wein trinkt, gewinnt neues Vertrauen im Leben, lernt Frieden mit anderen zu halten, baut auf die Liebe und nicht auf den Hass. Auch heute gibt es diesen Wein zu trinken. Und ich meine ausdrücklich nicht nur beim Abendmahl in der Heiligen Messe. Nein, wann immer Jesus die Chance kriegt, etwas von meinem Wasser in Wein zu verwandeln, da geschieht das.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30174
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