SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

20JAN2020
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Was wäre eigentlich, wenn… So fangen manchmal Vorsätze an. Für Vorsätze im neuen Jahr ist es zwar schon ein bisschen spät. Aber weil aus vielen Vorsätzen sowieso nichts wird, ist es auch recht egal, wann sie gefasst werden. Ich habe mir überlegt: Was wäre eigentlich, wenn ich dieses Jahr mehr wie Jesus wäre. Also mehr Angelegenheiten mehr so behandeln würde, wie er es getan hat. Ohne zu viel vorweg zu nehmen. ich vermute, da wäre manch einer, mit dem ich zu tun habe, ziemlich überrascht. Und ich wahrscheinlich nicht selten auch über mich selbst.

Wenn ich mehr wie Jesus wäre, würde ich auf Booten ein Schläfchen halten. Davon erzählt die Bibel, dass Jesus das getan hat. Während die anderen geschafft und geschwätzt haben, ja, sogar als ein schwerer Sturm aufzog, hat Jesus geschlafen. Sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.  In den Stürmen des Lebens ruhig bleiben, die Augen schließen, Kräfte sammeln.

Wenn ich mehr wie Jesus wäre, würde ich mehr unbeliebte Zeitgenossen um mich haben. Jesus hatte eine Vorliebe für solche Typen. Söhne, die das Geld ihrer Väter verschleudern. Kranke, die nur am Jammern sind. Fromme, die viel zu genau wissen, wie Gott ist und was er denkt und tut. Ich kenne auch solche „Nervensägen“, halte mich aber meistens von ihnen fern. Wenn ich das ändern würde, das würde schon etwas verändern.

Oder aber die Anführer der Religion vor den Kopf stoßen. Das hat Jesus nämlich auch getan. Die Hohepriester hat er auflaufen lassen, so selbstgerecht wie sie waren. Wer sich selbst damit gebrüstet hat, fromm zu sein, dem hat er den Spiegel vorgehalten. Da gehört Mut dazu: einem Bischof zu sagen: So geht’s nicht.

Wenn ich mehr wie Jesus wäre in diesem Jahr, dann würde ich viel Zeit mit Sündern verbringen. Manche kommen von sich aus zu mir. Aber ich könnte ja auch auf sie zugehen. Und zwar ohne sie wegen ihrer Sünde in Verlegenheit zu bringen. Nein, Jesus hat mit ihnen einfach Zeit verbracht. Mit Leuten, denen das Leben schwer war, denen eine Last auf der Seele lag, die sich in ein Problem so verstrickt hatten, dass sie keinen Weg herausfinden konnten. Mit denen hat er Gemeinschaft gepflegt. Ihnen keine klugen Ratschläge verpasst, sondern ihnen gezeigt: Du gehörst genauso dazu wie alle anderen, die meinen eine weiße Weste zu haben.

Jesus war so anders in vielem. Wenn ich etwas mehr wie er wäre, das würde mein Leben verändern und die Welt um mich herum auch. Wenigstens ein bisschen.

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