SWR2 Wort zum Tag

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15JAN2020
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Wie ein Echo draußen in der Natur funktioniert, das hat mir als Kind mein Vater gezeigt. In der Hügel- und Berglandschaft meiner Heimat kannte er die Stellen, wo es ein wunderbares Echo gab. Man musste nur laut genug in die Natur hineinrufen. Dann schallte – wunderbarer Weise und immer leicht verändert – der Ruf zurück. Das konnte sehr lustig sein!

Rief man zum Beispiel „Was essen die Studenten?“, dann tönte es zurück „Enten“. Das Echo war also nicht auf den Mund gefallen. Als Kind war ich von dieser Hörerfahrung völlig begeistert.

Später ist mir klar geworden, dass die Echowirkung für einen Menschen etwas Elementares ist. Nicht in dem Sinn, das genau das zurückkommen muss, was ich erwartet habe. Aber doch so, dass ich eine Reaktion bekomme auf das, was ich in die Welt hineinsage oder rufe. Eine Resonanz, die mir andeutet: es ist nicht gleichgültig, was du sagst oder tust. Es hat eine Wirkung. Es kommt an.

Neulich las ich von einem Schweizer Musiker, der Echo-Orte in den Alpen sammelt. „Besonders eindrucksvoll ist immer“, sagt er, „wenn man ganz alleine da steht, umringt von majestätischen, schroffen Felsen. Ist doch der Wahnsinn: Ich rufe in den Berg, der tausendmal größer ist als ich – und meine Existenz ruft zurück.“

„Wie meinen Sie das?“, fragt der Journalist. Und der Musiker antwortet: „Man wird sich seiner selbst bewusst. Der Klang der Berge mit Bächen, Wind, Laubrascheln und Kuhglocken wird mir noch bewusster, wenn ich mitmache. Ich ergänze die Lautsphäre dann, werde Teil der überwältigenden Umgebung. Da kommt manchmal eine richtig sakrale Stimmung auf...“

Und ich denke: wenn uns schon die Natur so ein Echo schenkt, sollten wir Menschen untereinander auch ein sensibles Echo sein. Denn nichts ist trostloser, als wenn ein Mensch sagt: ich kann tun, was ich will, ich bekomme kein Echo.

Hingegen: hören, was mein Gegenüber sagt, aufmerksam sein und darauf eingehen, das lässt jede Beziehung wachsen.

Übrigens: auch Gott braucht ein Echo. Ich glaube, auf vielfältige Weise ruft Gott in diese Welt hinein. Nicht nur in der Natur. Auch in meinem Gewissen. Oder durch die biblischen Geschichten und Gebote.

Es lohnt sich, dafür die Sinne zu schulen. Und eine Antwort zu geben auf diesen Ruf. Die wichtigste Antwort ist für mich Dankbarkeit. Dankbarkeit, die mich achtsam und respektvoll umgehen lässt mit dem mir anvertrauten Leben.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=30131
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