SWR2 Wort zum Tag

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22NOV2019
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Was uns teilt, schwächt uns. Was uns eint, stärkt uns. Das erzählt eine alte Geschichte von einem Bauern, der viel Kummer hatte mit seinen Kindern. Denn die lebten in dauerndem Unfrieden. Als sie eines Tages in die Welt hinausziehen wollen, ruft sie der Vater zusammen und beschließt, ihnen zum Abschied ein Beispiel zur Einigkeit zu geben.

Er nimmt ein Bündel Stäbe, bindet es zusammen und bittet jedes Einzelne seiner Kinder, das Bündel zu zerbrechen. Trotz aller Mühe gelingt das nicht. Da schnürt der Vater das Bündel auf und reicht den Kindern die Stäbe einzeln. Einzeln aber lassen sich die Stäbe mit Leichtigkeit knicken.
So, sagt der Vater, seid auch ihr stark, wenn ihr einig seid; in eurer Zwietracht aber seid ihr leicht zu überwinden.

Ja, Zusammenhalt macht stark. Spaltung schwächt. „Jede Stadt oder jedes Haus, das mit sich selbst uneins ist, wird nicht bestehen“, sagt Jesus einmal. Und in einem biblischen Psalm steht ein Wort, an das ich in letzter Zeit öfters denken muss. „Siehe, wie gut und wie schön, wenn Geschwister einträchtig beieinander leben“.

Wir heute leben in Zeiten, wo es Politiker gibt, die damit arbeiten, die Einen gegen die Anderen auszuspielen. Das aber funktioniert nur vordergründig. Letztlich schwächt es eine Gesellschaft. Weil es das Zusammenleben vergiftet.

In einem Interview, das die Schauspielerin Nadja Uhl kürzlich gab, spricht sie über ihr Leben in der DDR und nach der Wende. Sie war siebzehn, als die Mauer fiel. Heute im geeinten Deutschland sieht sie mit Kummer neue Zwietracht und Spaltungen. Sie will da nicht mitmachen. „Die Welt fokussiert sich zurzeit auf alles, was uns teilt“, sagt sie, „mich interessiert viel mehr, was uns eint.“

Ich stimme ihr zu. Gefragt sind heute Menschen, die Spaltungen überwinden, Brücken bauen und Verbindungen schaffen. Was uns nämlich wirklich eint, glaube ich, ist der Wunsch und die Sehnsucht nach Frieden. Jedenfalls sollte es so sein. Im Kleinen wie im Großen. In der Familie wie in der Gesellschaft.

Dafür kann ich etwas tun. Das beginnt mit dem Respekt voreinander. Und dem Interesse füreinander. Mit einer Sprache, die die Würde des Anderen achtet. Mit dem Eintreten für gemeinsame Überzeugungen.

Es stimmt ja: was uns eint, stärkt uns. Wie hieß es doch in dem Psalm? „Siehe, wie gut und wie schön es ist, wenn Menschen in Eintracht und Frieden beieinander leben!“

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29815
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