SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

22NOV2019
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Im November werden die Gräber auf den Friedhöfen von Angehörigen besonders geschmückt. Mit Gestecken, Tannengrün oder auch Kerzen. Der November gilt deshalb als Trauermonat. So manche Gedanken und Erinnerungen an die Verstorbenen kommen da in einem hoch. Gemeinsame Feste, Urlaubserlebnisse oder ganz Banales aus dem Alltag: Das Lieblingsgericht, Spazierwege oder bestimmte Ausdrucksweisen. Erinnerungen an gute gemeinsame Zeiten, aber auch an das, wo man aneinander geraten ist. Eben das, was das Leben im Großen wie im Kleinen ausmacht.

„Leben wir, so leben wir dem Herrn, sterben wir so sterben wir dem Herrn. Darum wir leben oder sterben so sind wir des Herrn“ (Rö 14, 8)– heißt es in der Bibel.

Es ist nie leicht, wenn ein Mensch stirbt und uns verlässt. Ganz egal, welches Alter er hatte. Ob ein langer Leidensweg damit verbunden gewesen ist oder es ein schneller Tod war. Der Tod trennt uns voneinander, die gemeinsame Zeit ist vorüber. Und doch bleibt man verbunden. So verstehe ich das. Verbunden durch Gott, der durch alle Zeiten hindurch für uns da ist und uns in seine Ewigkeit aufnimmt. Dort, in Gottes Liebe geborgen, weiß ich die Verstorbenen gut aufgehoben. Bei Gott sind sie frei von Schmerz, frei von Leid. Mir tut diese Vorstellung gut. Vor allem wenn ich daran denke, wie es meinem Vater in den letzten Monaten seines Lebens ergangen ist – wie er gelitten hat.

Mein Vater ist nicht mehr bei uns. Und doch, finde ich, ist er auf eigene Weise präsent. Hier und da erinnere ich mich an ihn – mitten aus dem Nichts heraus. Er hat mir viel auf meinen Lebensweg mitgegeben und dafür bin ich dankbar. Dazu gehört auch, dass ihm der Toten- oder auch Ewigkeitssonntag am Herzen lag. An diesem Wochenende wird er in den evangelischen Kirchen begangen. Treu ist mein Vater in diesen Gottesdienst gegangen, um die Namen der Verstorbenen des vergangenen Jahres zu hören. Er konnte über die meisten Verstorbenen ein gutes Wort sagen und hat den Angehörigen so gezeigt, dass sie in ihrer Trauer nicht allein sind - auch wenn der Tod schon ein paar Monate her gewesen war. Als Kind war mir das sehr fremd. Heute denke ich: Ja, lasst uns den Tod nicht aus unserem Alltag verdrängen. Die Trauer braucht ihren Raum, um das Leben zu feiern.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29810
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