Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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19NOV2019
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„Von Beileidsbekundungen am Grabe bitten wir Abstand zu nehmen.“ So liest man immer wieder in Todesanzeigen. Was mag dahinter stecken, wenn Trauernde diesen Abstand wollen?

Vielleicht möchten sie sich Floskeln fremder Leute ersparen. Oder sie wollen einfach keinen falschen Trost. Weil sie spüren, dass sich jemand die Trauer weit weg von der eigenen Seele halten will, wenn er vorschnell Trost oder oberflächliche Ratschläge gibt. Nur um sich nicht auf das Leid der Menschen einlassen zu müssen. Denn Trost, wirklicher Trost, ist ein so schwieriges wie anstrengendes Unterfangen. Und eine Frage von Nähe und Behutsamkeit. Wirklicher Trost nimmt Anteil, das heißt, er begibt sich ein Stück weit in die Sphäre des Leids hinein. Aber, und das ist die Kunst, eben nur ein Stück weit, denn Trauer, Traurigkeit und Leid können auch anstecken. Und damit ist niemandem geholfen. Jemanden trösten heißt, das Leid, die Trauer wahrzunehmen, sie zuzulassen und mitzugehen. Den Trauernden, den Leidenden spüren zu lassen, dass man da ist. Das muss nicht immer durch Worte geschehen, oft reicht es jemanden zu berühren oder einfach da zu sein. Denn es ist leider oft so, dass schwer Kranke oder Trauernde plötzlich auch noch allein sind. Bekannte und manchmal sogar Freunde ziehen sich zurück, weil sie unsicher gegenüber der veränderten Situation sind oder weil sie Angst vor der Begegnung mit Leid und Tod haben.

Dabei ist Trost doch so wichtig und so schön. Das zeigt schon die Herkunft des Wortes Trost. Es ist verwandt mit dem altgermanischen Wort für Baum und bedeutet Festigkeit und Treue.

So verstanden, heißt jemandem Trost zu spenden, ihm meine Treue und Festigkeit anzubieten, damit er sich daran anlehnen und ausruhen kann wie unter einem schönen großen Baum.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29794
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