SWR2 Wort zum Tag

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19OKT2019
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Seit einiger Zeit bin ich glückliche Besitzerin eines E-Bikes. Endlich kann ich auch die steilen Strecken, von denen es gerade in Stuttgart viele gibt, fahren ohne gleich an die Grenze zu kommen. Wenn ich da in die Pedale trete, spüre ich unmittelbar die Unterstützung durch den Elektromotor. Ein tolles Gefühl.

Unterstützung erleben macht auch sonst das Leben leichter. Wenn etwa Kinder im Haushalt mit anpacken. Oder wenn sich Geschwister gemeinsam verantwortlich fühlen für die Unterstützung ihrer alten Eltern. Es geht dabei um mehr als nur dieses oder jenes zu erledigen: es ist die Erfahrung nicht alleine mit einer Aufgabe da zu stehen und als Person wahrgenommen zu werden – mit der Bereitschaft sich einzusetzen aber auch mit begrenzten Kräften.

Das ist vor allem wichtig, wenn man in einer belastenden Situation steht. Und leider erleben gerade dann viele Menschen, dass sie allein gelassen sind. Wenn sie z.B. einen kranken oder behinderten Angehörigen pflegen.

Neulich habe ich eine Frau kennengelernt, die seit drei Jahren die meiste Zeit am Bett ihres schwer kranken Kindes verbringt. Trotzdem hat sie sich für einen Tag freigemacht, um bei einer Veranstaltung dabei sein zu können. Mich hat das betroffen gemacht. „Wie schaffst du das bloß?“, habe ich sie gefragt. Und ihre Antwort war: „Ich hab gelernt, dass ich Unterstützung brauche und auch für mich selbst sorgen muss.“ Das ist nicht einfach, wenn man dafür einen Pflegedienst oder Einrichtungen wie etwa ein Kinderhospiz braucht. Oft genug muss man dafür kämpfen und sich im Behördendschungel auskennen. Andererseits: was für eine Unterstützung, die Verantwortung und Sorge für eine begrenzte Zeit abgeben zu können! Einmal durchzuschlafen oder vieles zu machen, was sonst nicht möglich wäre. Solche Auszeiten sind überlebensnotwendig, damit eine Familie an den Herausforderungen nicht zerbricht! Was mich überrascht hat, war, dass zur Selbstfürsorge für diese Frau noch etwas weiteres gehört: ihr direkter Draht zu Gott. Bei ihm kann sie alles ablegen: ihre Sorgen und das Gefühl, mitunter nicht mehr zu können, aber auch ihre Glücksmomente. Ich bin nicht allein, sagt sie. Ich lerne Tag für Tag, mein und unser Leben Gott anzuvertrauen. Das hilft mir das Schwere loszulassen und weiter zu machen..

Mir ist die Begegnung mit dieser Frau nachgegangen. Sie hat mich beeindruckt mit ihrer Bereitschaft, den Herausforderungen ihres Lebens nicht auszuweichen. Und sie hat auf mich wie ein glücklicher Mensch gewirkt.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29632
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