SWR4 Sonntagsgedanken

SWR4 Sonntagsgedanken

13OKT2019
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In Amerika sagen die Menschen öfter Danke als bei uns. Das ist mir aufgefallen, als ich vor einiger Zeit dort zu Besuch war.

Jeden Abend haben die Kinder der Mutter oder dem Vater fürs Kochen gedankt. Wenn ein Kind etwas erledigen sollte, bekam es hinterher ein Dankeschön, und in den Geschäften dankte man mir bei jedem Einkauf.

Nun kann man natürlich sagen, das machen sie dort aus Gewohnheit. Die Leute sind eben so geschult worden. Doch selbst wenn es so ist: ich fand das einfach schön.
Eigentlich ist doch jeder gerne mit Leuten zusammen, die dankbar sind. Die sind so positiv, sehen immer etwas, worüber sie sich freuen können. Und mir scheint, sie sind auch glücklicher als andere.

Tatsächlich sind sie weniger depressiv und stehen weniger unter Stress, hat man herausgefunden. Sie sind auch zufriedener mit ihrem Leben und ihren sozialen Beziehungen. Obwohl: Dankbare Leute sind oft gerade Leute, die schon einiges durchgemacht haben.

Zu meiner Kirchengemeinde gehören dankbare Menschen, wie ich bei einer Gemeindewanderung festgestellt habe. Wir waren in zwei Gruppen unterwegs. Die erste Gruppe ist direkt von der Kirche losgezogen, die zweite Gruppe hat das erste Stück des Wegs mit dem Auto zurückgelegt und ist nur eine Teilstrecke zu Fuß gegangen. Doch ausgerechnet die mit dem kurzen Weg kamen ewig nicht an. Zwischendurch habe ich nachgefragt, wo sie bleiben. Sie hatten sich verlaufen. Es war sehr heiß an dem Septembertag und sie taten mir richtig leid. Schließlich sind sie eingetroffen. Erschöpft, aber fröhlich.

Am nächsten Tag habe ich eine von ihnen ganz besorgt gefragt, wie denn der gestrige Tag für sie war und sie sagte: „Es war wunderbar. Ich bin so dankbar für den schönen Tag. Die Gastgeberin hat uns einen tollen Heimweg gezeigt und wir sind gut angekommen.“

Ja, das fasziniert mich, wenn es Leuten gelingt, auf das zu blicken, für was sie dankbar sind.
Solche dankbaren Leute strahlen Gelassenheit aus, finde ich. Und die hat bei ihnen erstmal nichts mit den äußeren Umständen zu tun. Sie freuen sich an ihrem Leben. Sie haben auch einen realistischen Blick auf sich selbst. Sie wissen, was sie gut können und was nicht so. Sie kennen ihre Stärken und Schwächen und haben gelernt, zu beidem Ja zu sagen.

Dankbare Menschen sehen auf das, was sie haben und sind zufriedene Menschen. Sie haben in ihrem Leben schon gekämpft und sind auch gescheitert. Aber sie sind wieder aufgestanden oder haben sich aufhelfen lassen.

Ihre innere Gelassenheit kommt daher, dass sie sich nicht mit anderen vergleichen und sie bewerten nicht. Deshalb sind sie auch nicht neidisch.

Und zweitens wissen die dankbaren Menschen, die ich kenne, auch genau, wohin sie ihren Dank richten können. Sie danken Gott für das, was sie erleben. Und diese innige Beziehung nach oben scheint ihren Blick zu schärfen.
Dankbare Menschen haben einen Blick für Kleinigkeiten. Sie nehmen sie wahr und schätzen sie.

In der Bibel werden wir immer wieder darauf hingewiesen, dass alles, wofür wir dankbar sein können, ein Geschenk von Gott ist. Im Epheserbrief heißt es im 5. Kapitel: Dankt Gott, dem Vater, zu jeder Zeit für alles im Namen unseres Herrn Jesus Christus.

In der Bibel werden ganz viele Gründe aufgezählt, wofür wir Gott dankbar sein können:
Für unser Leben, für Kinder, für unser täglich Brot, für die alltäglichen Dinge, für andere Menschen und dafür, dass Gott einen auch in Schwierigkeiten nicht verlässt. Viele Feste in der Bibel, haben den Sinn einmal innezuhalten und dankbar zurückzuschauen und sich daran zu erinnern, was einem selbst oder einer ganzen Gruppe Gutes passiert ist. Sei es, dass Gott in Gefahr geholfen hat. Oder dass er einen mit der Ernte reich beschenkt hat.

Jetzt ist wieder Erntezeit. Viel Obst ist schon längst im Gefrierschrank oder in Einmachgläsern. Nun sind die Äpfel und Birnen dran.

Das ist ein Grund, dankbar zu sein. Diesen Sonntag oder schon an einem der letzten Sonntage, ist in vielen Kirchen ein Erntedanktisch mit all den guten Gaben aufgebaut. Einen fand ich besonders schön. Da lagen neben Obst und Gemüse auch Lego, ein Ehering, ein Pizzaschieber und Familienfotos. Da haben sich Große und Kleine Gedanken gemacht, wofür sie Gott dankbar sind. Für Lieblingsstücke, für ihren Partner, für Freunde und Familie.

Mir hilft dieser besondere Erntedanktisch, dabei, genau hinzuschauen, was es in meinem Leben noch alles gibt, wofür ich dankbar bin. Ja, manchmal sind es ein Anblick wie dieser oder ein Gespräch mit einem dankbaren Menschen, die mir helfen, meine eigene Dankbarkeit zu entdecken. Dann freue ich mich an meinen Entdeckungen, und ich nehme mir vor viel häufiger Danke sagen.

Ich wünsche Ihnen für heute einen schönen Sonntag, an dem Sie Zeit haben für Entdeckungen!

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29598
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