SWR1 3vor8

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13OKT2019
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So eine! Ausgerechnet so eine braucht Gott für seine Geschichte mit der Welt. Eine Hure. Eine Prostituierte! Man glaubt es nicht. Rahab hieß die Frau. Ihre Geschichte hat sich vor ungefähr 3000 Jahren ereignet. Und bis heute wird sie erzählt und an diesem Sonntag wird in den evangelischen Kirchen darüber gepredigt.

Sex sells, sagen jetzt sicher manche. Die Geschichte einer Prostituierten, das hören die Leute gern. Aber ich glaube, das spielt für die Bibel nur am Rande eine Rolle. Eigentlich geht es um etwas anderes.

Rahabs Geschichte ist voller Brüche. Helles und Dunkles, Gut und Böse liegen ganz nah beieinander. Eigentlich gar nicht zu trennen. Was für die einen an ihr gut ist, das ist für andere böse. So ist das Leben.

Rahab lebte in Jericho. Dort hat sie ihr Gewerbe ausgeübt, in einem Haus direkt an der Stadtmauer. Eines Tages kamen zwei Männer zu ihr. Eigentlich Kundschafter, sie hatten den Auftrag  herausfinden, wie ein feindliches Heer die Stadt am besten einnehmen könnte. Warum sie als erstes bei der Prostituierten eingekehrt sind, das gehört zu den bemerkenswerten Einzelheiten der Geschichte.

Schnell wurde in der Stadt bekannt, dass die Männer bei ihr waren. Wer weiß, was ihnen geblüht hätte. Aber als man sie holen wollte, hat Rahab sie versteckt und später an einem Seil die Stadtmauer hinabgelassen, sodass sie sich in Sicherheit bringen konnten. Das war gut für die beiden Männer. Aber was war mit der Sicherheit der Stadt? Dafür haben die Männer Rahab und ihrer Familie Schonung versprochen, wenn die Stadt wirklich eingenommen würde. Das war gut für Rahab – aber was war mit der Stadt?

Einige Zeit später wurde die Stadt dann wirklich erobert und geplündert. Ich bezweifle, dass die Kundschafter bei ihrem Besuch bei der Prostituierten dafür Wichtiges erfahren haben. Trotzdem: Hat sie nicht ihre Stadt verraten, weil sie die Kundschafter nicht ausgeliefert hat? War es nicht eigensüchtig, dass sie nur an ihre Familie gedacht und die gerettet hat?

Eine Geschichte wie das Leben selbst. Fragwürdig und anfechtbar . Mir sagt sie trotzdem etwas.
Erstens: Auch eine einzelne kann viel ausrichten, sogar eine Frau wie Rahab -- wenn sie sich nicht verunsichern lässt und besonnen handelt.
Und zweitens: Wo in der Bibel der Stammbaum von Jesus aufgezählt wird, da kommt Rahab vor. Als eine von vier Frauen unter vielen Männern. Mir sagt das: Gott braucht auch die, die nicht immer alles richtig machen. Auch die müssen sich nicht verstecken. Schon gar nicht vor ihm. Sie können eine Menge Gutes erreichen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29586
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