SWR2 Wort zum Tag

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11OKT2019
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Wen wollen wir eigentlich dabeihaben? Wer soll – oder darf – bei uns dazugehören und mitmachen? Egal ob in der Jogging-Gruppe, in einer Firma, im Chor oder im Ortsverein einer Partei – wo immer Menschen zusammenkommen, stellt sich diese Frage. Wie beantwortet eine Gruppe das? Meistens fragt man weiter: Passt der zu uns? Ist die fit genug? Trägt der zu einem guten Betriebsklima bei?

Aber entscheiden wir wirklich danach, ob eine neue Person mitmachen lassen?Eine Soziologin hat mir das neulich anders erklärt. An einem Denkmodell, das mir plausibel scheint. Es geht von zwei Kindern im Sandkasten aus, die miteinander spielen. Ein drittes Kind kommt dazu und möchte mitspielen. Was tun die beiden Kinder, um zu entscheiden, ob sie das dritte mitspielen lassen? Man könnte meinen, dass sie versuchen, das neue Kind einzuschätzen: Passt der zu uns? Sieht er nett aus, ist er so alt wie wir?

In Wirklichkeit aber, so sagt es die Theorie, sind nicht die Eigenschaften des neuen Kindes entscheidend – über die können sie ja auch nur Vermutungen anstellen. In Wirklichkeit überlegen die zwei spielenden Kinder intuitiv, wie gut ihre Beziehung zueinander ist: Sind wir so gute Freunde, dass wir einen dritten Mitspieler verkraften können? Schätzen sie ihre eigene Beziehung als belastbar ein, darf das neue Kind mitmachen.

Mich hat diese Theorie überzeugt – aber auch nachdenklich gemacht. Denn ich habe den Eindruck, dass sich derzeit viele damit schwertun, andere mitmachen zu lassen. Auch in der Kirche.

Die ersten Christen in der Antike, habe ich überlegt, müssen ihre Beziehung untereinander als ziemlich belastbar empfunden haben. Denn damals kam in städtischen Gemeinden wie Korinth und Rom eine wirklich bunte Mischung an Menschen aus unterschiedlichen Milieus, Sprach- und Kulturräumen zusammen. Ja, die christlichen Gemeinden zeichneten sich gerade dadurch aus, dass alle willkommen waren, die sich für die Botschaft von Jesus interessierten – egal welchen Hintergrund sie hatten.

Ich glaube, es war genau das Vertrauen in diese Botschaft von Jesus, das die Beziehungen so stabil gemacht hat. Das Vertrauen, dass jeder und jede wie ich selbst als „Kind Gottes“ geliebt ist. Und damit als Bruder oder Schwester zu mir gehört.

Heute wünsche ich mir von mir selbst und anderen Christen wieder mehr Vertrauen darauf, dass wir trotz aller Unterschiede Geschwister sind. Und insgesamt uns allen mehr Zutrauen in unser Miteinander. Denn das macht Mut, andere mit“spielen“ zu lassen – auch wenn sie vielleicht auf den ersten Blick nicht so wirken, als würden sie dazu passen. Ich glaube nämlich: Egal ob in der Kirchengemeinde, in der Partei oder im Verein: Wenn neue Leute mitmachen – das bereichert.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29568
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