SWR3 Gedanken

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10OKT2019
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Bestattungen. Die gehören zu meinem Beruf als Pfarrer. Zu Fuß brauche ich zum Friedhof so 15 bis 20 Minuten. Mit dem Auto sind es fünf Minuten.

Einmal, da kam alles zusammen. Unser Auto war anderweitig im Einsatz. Und der Termin vor der Bestattung ging viel länger als geplant. Ein Taxi konnte ich auch nicht mehr rufen, das wäre viel zu spät gekommen. Vor meinem Auge habe ich schon die Trauergemeinde gesehen. Die Angehörigen vor dem Sarg, ihre Trauer. Und der Pfarrer – also ich – kommt nicht! Allein bei der Vorstellung ist mir der kalte Schweiß ausgebrochen.

Aber hilft ja nichts. In der Hoffnung, dass ich nicht zu spät ankomme, bin ich einfach losgelaufen. Mit einem Stoßgebet auf den Lippen: „Guter Gott, wenn du willst, dass ich nicht zu spät komme, hilf mir bitte!“ Und kaum biege ich um die Ecke, fährt ein Taxi aus einer Garagenausfahrt. Ich halte es an und ja, der Fahrer kann mich schnell zum Friedhof bringen. Ich setze mich ins Taxi und bin einfach nur dankbar. Und letztlich komme ich gerade so pünktlich am Friedhof an.

Ich kann mir gut denken, dass Ihnen auch schon so etwas passiert ist. Rettung in letzter Sekunde. Hilfe vor was Schlimmerem. Situationen, in denen man einfach nur dankbar ist. Ich weiß nicht, wie Sie so eine Geschichte deuten. Ist es Zufall? Schwein gehabt? Für mich war das ein kleines Wunder. Ach, was sage ich, ein ausgewachsenes Wunder. Klar, Stoßgebete schicke ich öfter in den Himmel. Aber selten kommt Hilfe so um die Ecke. Schon gar nicht in Gestalt von einem Taxi. Normalerweise helfen mir Stoßgebete eher, ruhiger zu werden.

Aber jetzt ist mir dieses merkwürdige Wunder passiert. Und ich will mir das auch nicht mehr ausreden lassen. Da halte ich es lieber mit dem ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten David Ben-Gurion. Er war davon überzeugt: „Wer nicht an Wunder glaubt, ist kein Realist.“

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