SWR3 Gedanken

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15OKT2019
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Mein Bekannter Sebastian macht einen richtig guten Job. Deshalb bekommt er von seinem Chef immer mehr Aufgaben übertragen – was ihm einerseits schmeichelt, ihm andererseits zusetzt. Der Effekt, den Sebastian sich erhofft hatte, „wenn erstmal dieses Projekt geschafft ist oder wenn erstmal Weihnachten vor der Tür steht, dann…“ ist nie eingetreten. Im Gegenteil. Sebastian hatte am Ende keinen Abend, kein Wochenende oder Urlaub mehr, wo er nicht über seine Arbeit nachgedacht hat. 

Die Geschichte von Sebastian erinnert mich an einen Artikel, den ich über einen Effekt in der Wirtschaft gelesen habe: den sogenannten „Rebound-Effekt“. Das heißt: Alles, was eingespart wird, wird woanders wieder investiert. 

Beispiel: Fernseher. Die Geräte sind energiesparender als bisher und sogar billiger. Also kaufen wir uns einen mit größerem Bildschirm, weil er uns besser und günstiger erscheint. Wenn wir mit dem großen Bildschirm aber weiterhin so viel fernsehen wie bisher, verbrauchen wir auch mehr Energie. Wir sparen also weder Geld noch Energie. Was daraus folgt, ist fatal: Wir schaden unserer Umwelt, unseren Mitmenschen und letztlich uns selbst. 

Genau das ist auch bei Sebastian passiert: Dass er immer mehr und schneller gearbeitet hat, hat zu noch mehr Arbeit geführt. Bei ihm hat es „Klick“ gemacht. Er hat gemerkt, dass er nicht auf Dauer Vollgas geben kann und will. Nach seiner letzten Gehaltserhöhung ist er zu seinem Chef gegangen und hat seine Stunden reduziert. Er verdient jetzt zwar ein bisschen weniger als bisher, hat aber mehr freie Zeit, in der er sich regenerieren kann. 

Sebastian zeigt mir, dass wir grundsätzlich etwas tun können, um den Rebound-Effekt aufzuhalten, als Konsumenten oder ganz persönlich: (wenn wir) die entstehende Lücke nicht sofort wieder stopfen. Wenn wir die eingesparte Energie nicht gleich wieder verheizen: Ein gleich großer Bildschirm wie der alte Fernseher hatte, tuts doch auch. Wenn wir das eingesparte Geld nicht sofort wieder für Neues ausgeben oder die gewonnene Zeit nicht direkt wieder verplanen, sondern einfach mal Pause machen.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29497
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