SWR3 Gedanken

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24SEP2019
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Thea räumt auf. Eigentlich jeden Tag. Thea sammelt den Müll auf, der an den Bänken am Rande des Freiburger Schlossbergs herumliegt. Sie macht das aus freien Stücken. Einfach weil der Müll sie stört.

 

„Ich bin nicht die einzige“, sagt sie, als ich sie anspreche. „Oben bei den Bänken im Wald gibt es noch andere.“ Ihre kleine Tüte ist zu diesem Zeitpunkt schon gut gefüllt: Kronkorken, Zigarettenstummel, Kaffeebecher, Strohhalme – was die Leute eben so zurücklassen nach dem Blick auf Freiburg.

Die Tüte wird sie später in einen Mülleimer ausleeren und dann wiederverwenden. Ob es sie nicht wütend macht, dass es trotz ihrer Aufräumaktion doch wieder jeden Morgen aufs Neue vermüllt ist. Thea lächelt. Nein, sagt sie. „Ich kann die Menschen ja nicht ändern. Aber meine Umgebung, die kann ich ändern. Deswegen räume ich hier auf.“

Sie denkt kurz nach, dann spricht sie weiter: „Ich bin überzeugt davon, dass eine saubere Umgebung auf die Menschen ausstrahlt. Und seit einiger Zeit beobachte ich, dass gerade jüngere Leute abends hier feiern und dann sehr sorgsam ihren Müll einsammeln und mitnehmen. Das freut mich.“ Sie bedankt sich für mein Interesse und sammelt weiter: Kronkorken, Zigarettenstummel, Pappbecher …

Ich gehe nachdenklich weiter. Theas stilles Engagement erinnert mich an biblische Lebensweisheiten. An die Weisung zu vergeben und nur das zu ändern, das ich wirklich ändern kann. An die Hoffnung, dass so irgendwann eine Atmosphäre entsteht, in der Menschen sich von selbst ändern. Ob das wirklich gelingen kann?

Eine leere Verpackung liegt am Wegrand. Ich hebe sie auf und werfe sie in den nächsten Mülleimer. Die Menschen kann ich nicht ändern, aber meine Umgebung schon.

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