Anstöße SWR1 BW / Morgengedanken SWR4 BW

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18SEP2019
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Etwas anzufangen, fällt mir oft schwer. Wenn ich zum Beispiel eine Predigt schreibe, dann dauert es oft lange, bis ich den ersten Satz in die Computer-Tastatur tippe. Und wenn ich einen Anfang gefunden habe, dann lösche ich ihn auch oft wieder und versuche es anders.

 

Vor kurzem habe ich gelesen: Vielen anderen Menschen geht das auch so. Vor allem Leuten, die sich etwas ausdenken, also kreativ sein müssen: Journalisten, die Texte schreiben, Unternehmensberater, die Präsentationen erstellen, Lehrerinnen, die sich Fragen für eine Klassenarbeit überlegen... viele von ihnen sind wie blockiert, wenn sie am Schreibtisch sitzen.

Das liegt am „inneren Kritiker“, sagen Psychologen. Damit meinen sie: Wir Menschen überprüfen uns ständig selbst. Wir beurteilen, ob das, was wir machen, gut ist oder nicht. Manche haben einen so starken inneren Kritiker, dass sie mit nichts zufrieden sind, was sie zustande bringen. Und deshalb bleibt das Blatt Papier lange weiß oder der PC-Bildschirm lange leer.

Das geht besonders Menschen so, die viel Freiheit bei ihrer Arbeit haben: Man kann einen Text auf zehntausend unterschiedliche Arten schreiben. Und das macht Angst: Was ist wenn, wenn es noch eine viel bessere Möglichkeit gibt, als die, die mir gerade einfällt?

Was mir in solchen Situationen hilft, ist ein Blick auf die allerersten Seiten der Bibel. „Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde“, heißt es da. Was für eine Aufgabe, das Universum schaffen! Und wie hoch ist die Gefahr, das verkehrt zu machen!

Aber die Schöpfungsgeschichte erzählt: Gott fängt einfach an. Er schafft zuerst mal das Licht. Und Gott lässt diesen Anfang einfach so stehen. Er streicht ihn nicht wieder durch oder probiert was anderes aus. Irgendwie habe ich beim Lesen der Geschichte den Eindruck, dass Gott sich auch gar nichts vornimmt. Er hat nicht die perfekte Schöpfung als Ziel vor Augen, das er unbedingt erreichen muss. Nein, er macht einfach: die Planeten, die Pflanzen und die Tiere. Und jedes Mal stellt er fest: O, das ist mir ja ganz gut gelungen. Beim Lesen kann man spüren, mit wieviel Lust Gott jeweils an das nächste Kapitel seiner Schöpfung geht. Ganz am Ende fällt ihm noch der Mensch ein. Und dann findet er die Sache richtig gut und legt sozusagen den Stift weg.

Ich denke, wer bei seiner Arbeit kreativ sein muss, findet in der Schöpfungsgeschichte gute Tipps: Ich sollte einfach mal anfangen. Nicht gleich bewerten. Mich überraschen lassen von dem, was entsteht. Und: Mit dem Ergebnis zufrieden sein.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29420
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