SWR4 Abendgedanken

SWR4 Abendgedanken

17SEP2019
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An der A7 gibt es ein Werbeplakat, auf dem nur ein Satz steht „Ich halte Dich“. Unterschrift: Gott. Jedes Mal, wenn ich daran vorbeifahre, trifft mich diese Aussage.

Bisher war es oft so, dass ich es gelesen, mich dann entspannt im Autositz zurückgelehnt und Gott Danke gesagt habe. Mir ging es viele Jahre gut, und da war dieser Satz wie eine Bestätigung, dass Gott mich auch dann hält, wenn es mir einmal nicht so gut geht.

Beim letzten Mal war das anders. Ich hatte damalsSorgen wegen meiner Gesundheit und muss nunregelmäßig zum Arzt. Das belastet mich. Als ich beim letzten Mal den Satz gelesen habe, dass Gott mich hält,hat sich bei mir sofort Widerspruch geregt. Und ich habe spontan gedacht: Ja, Du hältst mich. Aber wenn es mir richtig schlecht geht, genügt mir das nicht.

Dabei habe ich erst gemerkt, dass ich in dieser Zeiteher sauer auf Gott war. Ich wollte mich bei ihm beklagen, weil ich ihn verantwortlich gemacht habe für das, was mit mir los ist. Und ich finde, genau so darf das auch sein, wenn ich ein ehrliches Verhältnis zu Gott habe. Ich mag eine solche Situation auch nicht als Prüfung sehen, wie standhaft ich im Glauben bin. Ich stelle mir Gott souveräner vor, als es so ein misstrauischer Treuetester wäre.

Leid gehört zum menschlichen Leben. Das weiß ich und das akzeptiere ich auch mit der Zeit. Aber wie kann ich dann gleichzeitig hoffen, dass Gott mich hält? Ich will nicht locker lassen. Deshalb wende ich mich nicht von ihm ab, sondern beklage mich bei ihm: Weil ich ihm zu traue, dass er seine Hand im Spiel hat, wenn es um mein Leben geht. Auch wenn ich mir einen besseren Zustand wünschen würde, in dem er mich hält.

Wenn ich als Christ daran glaube, dass Gott seinen Sohn am Kreuz und im Tod nicht im Stich gelassen hat, dann hoffe ich, dass es ihn doch auchberührt, wenn es mir nicht gut geht. Auch wenn das mein Leid nicht beendet. Sicherlich nicht in diesem Leben. Was mich aber trotzdem tröstet, ist der Gedanke, dass Gott mich nicht nur hält, sondern auch Mitleid hat mit mir als Mensch, dem es nicht gut geht. Auch wenn sich erst mal nichts ändert: Es geht darum, dass ich Gott nicht nur zutraue, dass er mich hält, sondern dass er mich dabei mit Liebe und Mitgefühl sieht

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