SWR2 Wort zum Tag

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10SEP2019
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„Die Gottesfurcht ist der Weisheit Anfang“ –heißt es einmal in einem biblischen Psalm (Ps 111,10). Doch wie oft quält Menschen in Krankheit und Not die Vorstellung: „Gott straft mich. Gott ist zornig auf mich. Vor dem muss ich mich fürchten.“

Ob ich will oder nicht: Mir sind solche Gedanken nicht fremd. Mit Drohgebärden und Strafen hat auch christliche Erziehung diese Vorstellung Menschen eingebläut. Sollte man angesichts solcher Erfahrungen nicht einfach „Gottesfurcht“ aus dem Wortschatz streichen? Was wäre schon verloren?

Unlängst hat mich allerdings ein Satz von Dr. Elisabeth Fries aufhorchen lassen. Sie schreibt: „Der Schritt von der Menschenfurcht zur Gottesfurcht verändert alles, befreit, setzt neu in Gang.“

Dr. Elisabeth Fries hat Furcht gesehen und erlebt. Viele Jahre war sie als Ärztin im Kongo tätig – und später dann jahrzehntelang bei der Beratung von traumatisierten Flüchtlingen für „refugio“. „refugio“ ist ein Verein, der Flüchtlinge auch dabei hilft, von ihren traumatischen Erfahrungen im Herkunftsland und auf der Flucht zu sprechen. Was Flüchtlingen gar nicht leicht fällt!

Und das ist die Erfahrung von Dr. Fries in ihrer Arbeit: Die Menschenfurcht – also die Furcht vor Menschen, die einem Böses antun können – steckt ganz tief in den Seelen – und sie lähmt. Sie zu überwinden, befreit zum Leben.

Aber wieso soll »Gottesfurcht« dabei hilfreich sein? Löst dabei nur die eine Angst die andere ab? Wenn es heißt: Gottesfurcht ist der Weisheit Anfang“ - dann verbinde ich damit: Ich habe Ehrfurcht vor dem, der mich bedingungslos liebt.

Wenn Menschen und Gewalten – Institutionen – über mich bestimmen wollen – mich in meinem Leben bedrängen, kommt da eine andere Stimme – eine andere Dimension in mein Leben. Ein Anfang, ein erster mentaler Schritt ist das, der mich freier atmen lässt. Ich habe noch nicht solche Gefahren und Qualen erleben müssen wie Menschen, die unter einem Terrorregimen leiden. Aber Angst vor Menschen, die kenne ich auch.

So verstandene Gottesfurcht kann mir dabei helfen, aus der Furcht vor Menschen rauszukommen: Gib Gott die Ehre! Gib IHM Gewicht in deinem Leben. Dann lässt du dich nicht erdrücken von denen, die dich in Angst und Schrecken versetzen. Ich denke, mutige Christen, die sich für andere eingesetzt haben – unter Lebensgefahr –, die haben genau aus dieser Quelle Kraft geschöpft.

https://www.kirche-im-swr.de/?m=29373
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